Monheim: Planung - Abschied vom Waldschlösschen

Der Ortseingang Opladener Straße soll ein ganz neues Gesicht erhalten. Haus Nr.219 wird wahrscheinlich abgerissen. Dabei hat es eine lange Geschichte – erzählt von Stadtarchivar Michael Hohmeier.

Monheim. Es war einmal ein außerordentlich beliebtes Ausflugslokal. Das hieß Waldschlösschen. Gebaut wurde es 1897/98. Und viele Monheimer fahren immer noch täglich daran vorbei. Doch sie ahnen nicht, dass es sich um so ein geschichtsträchtiges Gebäude handelt. Denn im Laufe der Jahre hat es sein Gesicht völlig verändert. Und bald soll es abgerissen werden. Trotz des Alters steht es nicht unter Denkmalschutz.

"Der Ortseingang an der Opladener Straße soll attraktiver werden. Einzelheiten erläutert die Stadt bei der Bürgerbeteiligung am Mittwoch, 22.April, ab 18Uhr im Ratssaal", heißt es unter anderem in einer Mitteilung aus dem Rathaus. Und dabei handelt es sich um das Areal des Waldschlösschens. Künftig soll es als Mischgebiet ausgewiesen werden, um den Übergang zwischen Gewerbe im Westen und Wohnen im Osten zu verbessern. Die Fläche des Plangebietes beträgt rund 2,3 Hektar.

Die Stadt plant eine Verlängerung der Straße An der Tongrube nach Süden. Die tiefen Grundstücke an der Opladener Straße könnten dann von der Rückseite her erschlossen und ein neuer Fußweg zwischen Opladener Straße (Höhe Bushaltestelle) und Knipprather Wald angelegt werden. An der Opladener Straße und in deren rückwärtigem Bereich sind zusätzliche Gewerbebauten geplant.

"Zudem werden Erweiterungsmöglichkeiten für das Hotel am Wald geschaffen", heißt es aus dem Rathaus. Und dessen Besitzer gehört inzwischen auch das Waldschlösschen. Doch bevor es abgerissen wird, hier noch einmal die Geschichte des alten Lokals. Stadtarchivar Michael Hohmeier macht sie lebendig.

Wir gehen zurück ins 19.Jahrhundert. Jean Müller war offenbar ein Mann mit vielen Talenten. Der Architekt, Holz- und Baustoffhändler, geboren 1872 in Monheim und hier 1965 auch gestorben, erbaute sich 1897/98 eine Gaststätte. Müller übernahm selbst die Leitung des Wirtshauses, dessen Adresse damals "An der Birkenhecke" lautete. Dem gastlichen Ort am Knipprather Wald gab Müller den Namen Waldschlösschen.

Bürgermeister Philipp Krischer hatte Müllers Konzessionsgesuch im Oktober 1897 befürwortet, denn der Bedarf sei vorhanden. "Die Gemeinde Monheim hat augenblicklich bei einer Einwohnerzahl von 1760 Seelen sechs Gast- und fünf Schankwirthschaften, worunter jedoch auch die Bahnhofsrestauration in Langenfeld einbegriffen ist."

Der Verwaltungschef merkte zudem an, "daß der Durchgang durch die Waldung doch nicht als ganz ungefährlich bezeichnet werden kann. In der verflossenen Woche ist dort an einem siebenzehnjährigen Mädchen (. . .)in der Mittagsstunde ein Nothzuchtsversuch gemacht worden."

In der abgelegenen Gegend war eine sichere Zuflucht somit willkommen. Und dass der Standort gut gewählt war, zeigte sich spätestens 1904, als die Gleislose Bahn den Betrieb aufnahm. Das technische Unikum verband den Langenfelder Bahnhof, der damals zum Monheimer Gemeindegebiet gehörte, mit der Frohnstraße. Am "Waldschlösschen" wurde eine Haltestelle eingerichtet und das Lokal entwickelte sich zum Ausflugsziel.

Wirt Jean Müller wollte seinen Gästen etwas bieten. 1913 erhielt er die Bauerlaubnis für einen Hochschießstand, auf dem mit Großkalibern geschossen werden durfte. Zuvor hatte sich in Monheim ein "Bürgerschützenverein" gegründet, der das Waldschlösschen zu seinem Domizil erwählte. Im "Verkehrsbuch und Wegweiser durch den Landkreis Solingen" warb Müller denn auch 1929 für seinen "Schützenplatz" und verkündete "jeden Sonntag Konzert und Tanz".

Doch der geschäftliche Erfolg hielt nicht für immer. 1932 musste Müller die Gaststätte räumen, sein Nachfolger wurde Waldeck Nickel. Aus der "Birkenhecke" war mittlerweile die "Langenfelder Straße, östlich" geworden. 1937 wurde die Bezeichnung "Opladener Straße" eingeführt. Doch im Haus Nr.219 kehren längst keine durstigen und hungrigen Gäste mehr ein. Die Wirtschaft wurde zu Beginn der 1990er-Jahre geschlossen.