Sozialdienst funkt SOS
Der SKFM warnt: Setzt die Bundesregierung ihr Sparpaket um, dann droht Einrichtungen wie dem Sozialkaufhaus in Monheim das Aus.
Monheim. Für Rosemarie Melcher, Jenny Mende und Gunther Seeland ist es längst mehr als nur ein Job, für sie ist es eine Herzensangelegenheit. „Wir sind so häufig abgewiesen worden. Hier fühlen wir uns gebraucht“, sagt Verkäufer Gunther Seeland.
Doch die Zukunft seiner Beschäftigung im Sozialkaufhaus am Rathausplatz, einer Einrichtung des Sozialdienstes katholischer Frauen und Männer (SKFM), ist ungewiss. Setzt die Bundesregierung ihr Sparpaket um, werden die Mittel zur Eingliederung von Arbeitslosen von 2011 bis 2014 schrittweise um 41 Prozent gekürzt.
„Die zum 1. April 2012 vorgesehene Reform hat zur Folge, dass öffentlich geförderte qualifizierende Beschäftigungen mit Marktnähe noch weniger möglich sind als bisher“, warnt der Sozialdienst.
„Dem Kaufhaus, dem Kinderladen, dem Möbellager und der Spendenannahme droht das Aus“, sagt SKFM-Vorsitzender Manfred Poduschnick. Nicht nur Menschen, die für wenig Geld gut erhaltene Kleidungsstücke und Haushaltswaren kaufen können, stehen dann vor einem Problem, auch den Beschäftigten fehlt die Perspektive.
Gunther Seeland ist gelernter Verkäufer, erfüllte sich dann jedoch den Traum von einer eigenen Gaststätte. „Die ging den Bach runter, ich verschuldete mich“, sagt der 53-Jährige.
Mit Fahrerjobs hielt er sich über Wasser, stritt sich mit den Arbeitgebern vor Gericht um ausstehende Zahlungen. „Psychisch war ich am Ende.“ Im August kam Seeland als Verkäufer ins Sozialkaufhaus. „Ich bin froh, etwas Sinnvolles zu tun. Wir werden langsam herangeführt, werden von einer Sozialpädagogin unterstützt.“
Der Hektik in anderen Läden von Modeketten sei er psychisch nicht mehr gewachsen. „Hier herrscht eine Atmosphäre wie im Tante-Emma-Laden. Hier fühle ich mich sicher.“ Jeder, der hier arbeite, habe ein „Handicap“.
„Mir wurde früher immer wieder gesagt, dass ich zu alt sei. Das ist wirklich frustrierend“, schildert die gelernte Kassiererin Rosemarie Melcher (53). Sie will gar nicht daran denken, dass das Sozialkaufhaus schließen könnte. „Ich würde sowieso nichts mehr bekommen“, sagt sie. „Zu Hause verblödet man doch wirklich.“
Als Jenny Mende immer wieder Absagen auf ihre Bewerbungen kassierte, begann sie zu glauben, ihre zwei Kinder seien ihr Handicap. „Arbeitgeber sagten mir, mit zwei Kindern sei ich nicht flexibel genug. Die könnten mal krank werden“, sagt die 28-jährige, gelernte Verkäuferin. „Als Mutter bekommt man nicht nur Steine, man bekommt Felsbrocken in den Weg gelegt.“
In zwei Schichten arbeiten die Verkäufer des Sozialkaufhauses, jeweils 20 Wochenstunden. Sie wollen nicht glauben, dass geschlossen wird. „So weit ist es noch nicht“, sagt Manfred Poduschnick. Man müsse mobil machen. Deshalb hat sich der SKFM auch an Landtagsabgeordneten Hans-Dieter Clauser (CDU) gewendet. Der sagte gestern — wie auch immer die aussehen soll — Unterstützung zu.