Wenn Senioren Volkslieder singen wollen
Neue Heimat: Die sangesfreudigen Senioren singen jetzt in einem Raum in der Erlöserkirche.
Langenfeld. Der bevorstehende Abriss der Johanneskirche hat die sangesfreudigen Senioren, die sich einmal im Monat zum Volksliedersingen im Gotteshaus getroffen haben, nicht auseinandergerissen. In der Erlöserkirche haben sie nun einen neuen Probenraum gefunden, in dem ihre Lieder prächtig schallen.
Wenn sie singen, hört es sich nicht nur wunderschön an. Die traditionellen Wander- und Volkslieder aus ihrer Kindheit wecken bei ihnen fröhliche Erinnerungen, die sich in ihren Gesichtern widerspiegeln, Erinnerungen an eine unbeschwerte Zeit. Eine Zeit, in der Lehrer vielleicht noch strenger waren und ihre Schüler dazu zwangen die Liedtexte auswendig zu lernen — wie Teilnehmerin Lore Brinkmann erzählt — in der aber auch die Gemeinschaft unter den Schülern größer geschrieben wurde, als es vielleicht heutzutage üblich ist.
Hier beim Singen Gemeinschaft wieder verstärkt zu erleben, ist es auch, was viele Senioren jeden Monat zum Volksliedersingen in die Kirche lockt. Vor fünf oder sechs Jahren, so genau erinnert sich keiner der langjährigen Teilnehmer mehr daran, rief der ehemalige Kantor der Johanneskirche, Sven Schneider, das Projekt ins Leben: Ein lockeres Treffen, bei dem die Anwesenden, meist rüstige Rentner und Senioren, gemeinsam in den alten Liederbüchern blättern und sich, nach Lust und Laune, Lieder wünschen, die dann alle gemeinsam singen. Im letzten Jahr übernahm Kantorin Ulrike Schön die Aufgaben ihres Vorgängers. „Ich finde das wirklich sehr schön, wenn man sieht, mit wie viel Freude die Senioren singen.
Sie sind vielleicht die letzte Generation, die all diese Lieder noch aus der Jugend kennt. Mir macht es total viel Spaß“, äußert die 44-Jährige. Ein vorgefertigtes Programm gibt es nicht. Auch nicht diese Woche: Schön begrüßt ihre Schützlinge, setzt sich ans Klavier und wartet neugierig auf die ersten Liedvorschläge. Rund 30 Senioren haben sich eingefunden, weniger als im alten Treff. „Wie wäre es denn, wenn wir heute mal nur Frühlingslieder singen“, schlägt Schön vor und die Senioren stimmen deutlich hörbar zu.
Auch sie wollen wohl endlich den kalten Winter von sich abschütteln. Mit „Jeden Morgen geht die Sonne auf“ startet der improvisierte Chor, geht über zu „Im Frühtau zu Berge“ und singt sich buchstäblich in Stimmung. „Ich komme einfach gerne, weil es mir Spaß macht und ich so noch ’mal die alten Lieder von früher hören und singen kann“, erklärt Besucherin Ursula Groppe. Georg Schomberg, der erstmals dabei ist, hat offensichtlich etwas anderes, Anspruchsvolleres erwartet: „Mir gefällt es nicht. Hier wird ja nur einstimmig gesungen. Ich würde schon gern mehrstimmig singen.“
Doch das scheint den anderen völlig egal zu sein: Hauptsache Spaß und ein wohliges Gefühl, beschreibt Renate Metz. „Diese Stunde hier gibt einem so viel, da kehrt man beschwingter und beflügelter nach Hause.“