Auf nur einem Rad gegen die Schwerkraft

Der TSV Gruiten bietet einen Einrad-Kurs an. Die WZ machte mit. Mit viel Mühe.

Gruiten. Zugegeben: Es sieht einfach und kinderleicht aus, auf einem Rad ohne Lenker oder anderen unnötigen Ballast durch die Sporthalle zu trampeln. Doch schon der Aufstieg auf ein solches Einrad wird für mich zur anspruchsvollen Aufgabe - von ein paar Metern freier Fahrt ganz zu schweigen.

Ein Fuß auf das Pedal, Sattel zwischen die Beine, mit ein wenig Schwung in die Ausgangsposition - oder auch nicht. Schließlich - mit einer Hand an der sicheren Hallenwand abgestützt - bewege ich mich Zentimeter um Zentimeter durch die Halle.

Meist ist nach wenigen Fußbewegungen Schluss und das Einrad und ich fangen von vorne an. Die 13 Teilnehmerinnen des einwöchigen Einradkurses schneiden im Aufsitzen und Fahren eindeutig besser ab.

"Einradfahren schult den Gleichgewichtssinn und die Nutzung beider Gehirnhälften. Außerdem macht es einfach Spaß", sagt Frauke Heiden-Ziegert.

Gemeinsam mit ihrem Mann richtet die Radlerin vom TSV Gruiten einen Ferien-Einrad-Kurs aus. Die Waldorfschule stellt ihre Mehrzweckhalle zur Verfügung, die Leitung übernimmt Claudia Meyer aus Solingen.

Sie weiß, was wichtig ist: "Kopf hoch, Rücken gerade, Beine zusammen", erklärt sie den Kursteilnehmerinnen.

"Es macht Spaß und Fahrrad fahren kann ja jeder", sagt die neunjährige Melissa. Sie kann schon ohne Hilfestellung fahren. Und wenn die Schwerkraft doch mal siegen sollte, lernen die Mädchen von Claudia Meyer, "gleich wieder aufzusitzen und es nochmal zu versuchen."

Nach den eigenen traurigen Fahrversuchen tut es doch ein wenig weh, den dreizehn Einradlerinnen auf ihren dreizehn Rädern zuzusehen, wie sie an den Aufgaben der Trainerin wachsen. Slalom-Parcours und Sportmatten-Bordsteinkanten stellen Herausforderungen aus dem Straßenverkehr nach.

"Immerhin eignet sich das Einrad auch als alltägliches Fortbewegungsmittel. Man muss sich ohne Gangschaltung nur mehr anstrengen als auf dem Zweirad", weiß Frauke Heiden-Ziegert. In der Halle der Waldorfschule zeigt auch ihre Tochter Lea (13), was sie kann. Sie fährt schon seit sechs Jahren und unterstützt die Nachwuchsfahrer.

Inmitten der zwölf Mädchen versucht sich auch eine Erwachsene - Elisabeth aus der Wiesche - auf dem außergewöhnlichen Vehikel. "Ich wollte etwas mit meiner Tochter unternehmen und habe ihr den Kurs zum Zeugnis geschenkt", sagt sie, während ihre sechs Jahre alte Tochter Lena immer besser fährt.

Dass sich außer mir heute keine männliche Testperson findet, erstaunt Frauke Heiden-Ziegert ein wenig. "Bei den Workshops, die wir bereits ausgerichtet haben, waren immer Jungs dabei. Vielleicht finden sie Einradfahren uncool."

Zu einem anderen Ergebnis kommt Trainerin Claudia Meyer: "Mädchen haben den besseren Gleichgewichtssinn und lernen daher meistens schneller." Das Gefühl habe ich auch.