Erkrath: Ein Blutsauger am Abend
Bibliothek: Romane über Vampire sind in der Ausleihstatistik der Bücherei der Renner. Jetzt wird geprüft, ob diese und andere Literatur auch abends ausgeliehen werden kann.
Erkrath. "Vampire sind die neuen Engel" - das sagt das Trendbarometer von Nadine Boos (28). Jeden Tag bestätigt sich dieser Spruch, wenn die Bibliothekarin in der Stadtbücherei Frauen "um die Vampirregale schleichen" sieht. Die düsteren Romane sind der Renner in der Ausleihstatistik.
Das neue Zauberwort heißt "Romantasy": Mystische Wesen verlieben sich in normale Teenager, es geht um die Liebe zu Vampiren und Rendezvous mit Werwölfen. Gar nicht so ungelegen kommt da die Überlegung, die Öffnungszeiten der Bücherei in dunklere Abendstunden zu verlegen.
Seit einigen Wochen befragen die Mitarbeiter Büchereigänger und solche, die es werden könnten. Wie können die Öffnungszeiten so verlagert werden, dass sie sich dem Tagesablauf der Leserschaft anpassen? "Wir haben den offenen Ganztag an Schulen, und Berufstätige arbeiten bis in die Abendstunden", resümiert Boos.
Der Leser kaufe schließlich auch abends ein, warum sollte er also nicht abends in die Bücherei gehen wollen? "Momentan warten wir auf Anregungen unserer Kunden, bevor wir etwas entscheiden", sagt Boos. Dass die Öffnungszeiten auf dem Prüfstand stehen, liegt nicht zuletzt an der ungebrochenen Nachfrage - nicht nur nach Vampirromanen.
Die Bilanz der städtischen Bücherei mit Standorten im Bürgerhaus und im Kaiserhof kann sich sehen lassen: "Mit 188000 Ausleihen im vergangene Jahr stehen wir sehr gut da", berichtet Boos. 61000 Medien umfasst der Gesamtbestand beider Bibliotheken. Und der erweitert sich stetig: "Ein- bis zweimal im Monat werden neue Bücher bestellt. Die Bestseller einschlägiger Listen haben wir natürlich immer da - und viele Krimis. Die gehen immer."
Seit die Erfolgsautorin Stephanie Meyer aber mit ihrer Twilight-Trilogie den Büchermarkt erobert hat, gehören zu diesen Bestsellern eben auch Vampirbücher - nicht zuletzt, weil sich deren Leserschaft nicht nur unter Teenagern tummelt. "Gerade erwachsene Frauen fragen ständig nach Vampirgeschichten", erzählt die Bibliothekarin. Der Trend höre nicht auf, bestätigten auch ihre acht Kolleginnen: "Alle wollen mehr Vampire."
3800 Leser kommen regelmäßig in die Bücherei. Ein gutes Drittel stellt das genaue Gegenteil zu Blutsaugern und spannenden Kriminalromanen: Es sind die Schüler, die fernab von Google und Co. für Referate, Facharbeiten und komplexe Hausaufgaben recherchieren.
Computer stehen auch in der Bücherei zur Verfügung - doch eines können diese eben nicht liefern: Rat und Tat der Mitarbeiter. Wo kann ich suchen? Was kann ich suchen? Und auch: Welche Infos brauche ich nicht, auf die das Internet hundertfach verweist?
Ob die fleißigen Schüler, Krimi- oder Vampirfreunde demnächst auch zu späteren Zeiten in der Bücherei zu finden sind, wird sich also zeigen. Die Befragungen laufen noch bis Mitte Mai auf dem Wochenmarkt, Befragungsbögen gibt es zudem in der Bücherei und im Internet.