Erkrath: Kyudo - den sanften Kriegern ganz nah

Im Gegensatz zum westlichen Bogenschießen beinhaltet Kyudo eine Vielzahl an festen Bewegungsabläufen. In der Turnhalle des Gymnasiums Alt-Erkrath haben die Kyudo-Bogenschützen ihre Landesmeister ermittelt.

Erkrath. Der Eingang zur Wettkampfstätte gleicht dem Vorhof eines Tempels. Säuberlich aufgereiht stehen unzählige Paare Schuhe vor der Sporthalle. Im Innenraum herrscht feierliche Stille, an den Wänden lehnen die großen japanischen Bögen, Kyu genannt, in langen Reihen.

Ein japanisches Kommando ertönt. Aus der Masse der etwa 40 Bogenschützen treten neun hervor. Die Schützen tragen das traditionelle Gewand, das aus einen weißen Hemd, einem weiten, schwarzen Hosenrock und japanischen Zehensocken, Tabi genannt, besteht. In einer Reihe treten sie gemeinsam an die blaue Linie und knien nieder.

Im Gegensatz zum westlichen Bogenschießen beinhaltet Kyudo, japanisch für "der Weg des Bogens", eine Vielzahl an festen Bewegungsabläufen. Im Knien legt der Schütze den Pfeil in den Bogen ein, steht dann auf und bringt sich in Schussposition.

Der Ablauf wirkt sehr zeremoniell - kaum zu glauben, dass so einst die japanischen Samurai ihre Gegner bekämpft haben sollen. Konzentriert hebt der Schütze den langen Bogen über den Kopf und zieht langsam die Sehne nach hinten. Gespannt warten auf der Tribüne die Zuschauer auf den Schuss, doch der Mann am Bogen lässt sich Zeit. Erst nach schier endlos erscheinenden Sekunden schnellt die Sehne nach vorn und schießt den Pfeil auf die 28 Meter entfernte Zielscheibe ab.

Der erste Schuss des Turniers geht daneben. Um mindestens 20 Zentimeter verfehlt der Pfeil die Zielscheibe aus Papier. Nach und nach schießen nun auch die restlichen Schützen ihre Pfeile ab, immer streng den meditativ anmutenden Bewegungen folgend. "Die Bewegungen müssen sitzen", sagt Reinhard Kollotzek vom Kyudoverein Neandertal. "Man darf mit den Gedanken immer nur da sein, wo man gerade ist", erklärt Kollotzek.

In der Halle häufen sich derweil die Treffer. Vier Schuss pro Durchgang hat jeder Schütze. Die besten Kyudo-Bogenschützen Nordrhein-Westfalens werden heute ermittelt, die vier bestplatzierten qualifizieren sich für die deutschen Meisterschaften, doch von Wettkampfhektik keine Spur. Ruhig und konzentriert bereiten sich die 40 Schützen auf ihre vier Schüsse vor.

Vor der Halle an der Heinrichstraße wird gefachsimpelt und die eigene Haltung beim Schuss analysiert. Luise Markefka-Witaschek geht seit drei Jahren den Weg des Bogens. Beim Kyudo fasziniert sie vor allem die Ruhe. "Und die Suche nach dem Zentrum", sagt die Hochdahlerin. "Ich versuche immer mich zu verbessern." Alfred Hummler ist begeisterter Bogenschütze, doch heute schießt er nicht mit. "Dazu reichen meine Künste nicht", gibt der Ratinger zu.

Doch ein Geheimnis des Kyudo verrät er bereitwillig. "Man darf sich nicht zu sehr aufs Treffen konzentrieren", weiß Hummler. "Am besten trifft man, wenn man konzentriert eine Bewegung nach der anderen macht."