Fachkräftemangel wird teuer
Gewerkschaft und IHK warnen vor einer Konjunkturbremse. Die Städte spüren bei Ausschreibungen einen zunehmenden Preispoker.
Kreis Mettmann. Baufirmen im Kreis Mettmann droht verschärfter Fachkräftemangel. Die Bauwirtschaft steuert laut IG Bau auf einen immer größeren Fachkräfte-Engpass zu. 78 Stellen in der Branche waren im Kreis Mettmann im vergangenen Jahr durchschnittlich länger als drei Monate unbesetzt — zehn Prozent mehr als noch im Vorjahr. Das hat die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt mitgeteilt. Die IG Bau beruft sich dabei auf eine Sonderauswertung der Bundesagentur für Arbeit. Insgesamt waren im Kreis Mettmann demnach im Jahresmittel 183 offene Bauarbeiter-Jobs gemeldet.
Doris Jetten, Bezirksvorsitzende der IG Bau Düsseldorf
Auch die Industrie- und Handelskammer hatte nach ihrer Konjunkturumfrage den Fachkräftemangel im Kreis Mettmann als eines der größten Wachstumshemmnisse benannt. „Während die Baukonjunktur so gut dasteht wie zuletzt Ende der 1990er-Jahre, finden heimische Unternehmen oft keine Fachleute mehr“, sagt Doris Jetten. Die Bezirksvorsitzende der IG BAU Düsseldorf nennt den Trend ein „Alarmsignal“. Vom Zimmerer bis zum Estrichleger fehlten in der Region Spezialisten in nahezu allen Sparten des Baugewerbes
Eine Folge spüren der Kreis Mettmann und die Kreisstädte zunehmend: An Ausschreibungen für öffentliche Bauprojekte beteiligen sich immer weniger Bieter. Und die Firmen, die Angebote abgeben, überschreiten die kalkulierten Budgets, wie bereits vor einigen Monaten der in Monheim für Bauprojekte zuständige Michael Lobe berichtete.
Der aktuelle IHK Konjunkturbericht bestätigt die zunehmenden Probleme für öffentliche Auftraggeber ebenfalls. Die IHK-Experten rieten dazu, die Ausschreibungsverfahren zu vereinfachen. Monheim kam bei mehreren Projekten erst im zweiten Anlauf zu einer Auftragsvergabe. Neben dem härter werden Preispoker und komplizierten Ausschreibungsverfahren gibt die Gewerkschaft IG Bau der Wirtschaft eine Mitschuld: „Einerseits haben viele Firmen trotz anziehender Auftragslage ihre Personaldecke in den letzten Jahren nicht ausreichend aufgestockt. Andererseits hat der Bau mit einem großen Nachwuchsproblem zu kämpfen. Zwar verdienen Azubis hier mehr als in allen anderen Branchen — doch immer mehr Schulabgänger zieht es an die Universität.“
Ende 2017 zählten die Sozialkassen der Bauwirtschaft (SOKA-BAU) im Kreis Mettmann 35 neue Ausbildungsverträge. Die IG Bau schlägt vor, in Schulen verstärkt für eine Handwerksausbildung zu werben. „Vielen gilt ein Studium als Nonplusultra — obwohl Karriere- und Verdienstchancen in der Bauwirtschaft oft mindestens genauso gut sind“, sagt Jetten.
Aber auch die Betriebe seien gefordert: „Sie sollten auf Qualität und gute Arbeitsbedingungen setzen. Subunternehmen und billige Anbieter aus dem Ausland kommen die Branche am Ende teuer zu stehen. Sie senken letztlich die Standards“, so die Bezirksvorsitzende.
Das beste Rezept gegen den Fachkräftemangel sei dabei, den Beschäftigten ein ordentliches Auskommen und gute Arbeitsbedingungen zu bieten. So hatte die IG Bau in der Tarifrunde sechs Prozent mehr Lohn und die Bezahlung von Fahrzeiten gefordert.