Flüchtlinge zahlen für ihre Unterkunft
Die Stadt berechnet pro Person 60 Euro im Monat für die Unterkunft und 20 Euro für Strom.Abgezogen wird das vom Hartz 4-Satz, den Flüchtlinge zum Lebensunterhalt erhalten.
Die Stadt Mettmann hat in den vergangenen Wochen beim Thema Flüchtlinge bundesweit Negativschlagzeilen gemacht. Erst garnierte sie ihre Mitteilung zur Erhöhung der Grund- und Gewerbesteuer mit dem Hinweis auf die Kosten für Flüchtlinge und Asylbewerber. Dann plante sie, eine Turnhalle einfach zu teilen: In einer Hälfte sollten Flüchtlinge leben, in der anderen sollte Schulsport weiterlaufen. Das Ganze nur getrennt durch eine dünne Wand. Diese Überlegung gab die Stadtspitze allerdings schnell auf.
Fest steht außerdem: In Mettmann zahlen Flüchtlinge für ihre Unterkunft in städtischen Notunterkünften und Turnhallen jeden Monat 60 Euro pro Person als Beitrag zur Nutzung der Gemeinschaftseinrichtungen (Küche, Waschmaschine). Abgezogen wird dieser Betrag von den Leistungen in Höhe des üblichen Hartz 4-Satzes, den die Flüchtlinge anfangs reduziert und erst nach 15 Monaten voll erhalten. Damit nutzt Mettmann eine gesetzliche Grundlage, die in vielen Kommunen so nicht zur Anwendung kommt.
Die Stadt bestätigt diese Vorgehensweise nicht. Aber: Unserer Zeitung liegen die Leistungsbescheide vor — mit den genannten „Leistungen an Dritte“, die abgezogen werden.
Die Caritas Mettmann bestätigt das. Der Fachdienst Migration und Integration stellt klar: Genau genommen sind es monatlich 80 Euro pro Person, denn 20 Euro werden zudem für Stromkosten einbehalten. Diese 60 Euro für die Gemeinschaftsunterkünfte fließen zurück in den städtischen Haushalt. Rechnet man für die vergangenen sechs Monate mit einem Mittelwert von 300 Flüchtlingen, muss man etwa 108 000 Euro von den Gesamtkosten für die Unterbringung der Asylbewerber und Flüchtlingen abziehen. Das heißt: Die Stadt hat bei den vermeintlichen 1,5 Millionen Euro, die sie nach eigenem Bekunden seit Jahresbeginn für die Flüchtlinge und Asylbewerber aufwenden musste, diese Einnahmen gar nicht eingerechnet. Ebenfalls darin enthalten sind auch die von der Stadt veranschlagten 86 000 Euro Personalkosten für die beiden Hausmeister, die die Notunterkünfte in Schuss halten, egal wer darin wohnt. Das sind Fixkosten, die den Ausgaben für Asylbewerber zugeschlagen wurden.
Rechnerisch clever ist auch der Umgang mit den 596 000 Euro Mietkosten für die Unterkünfte. Im Sozialetat werden sie als von Asylbewerbern und Flüchtlingen verursachtes Minus geführt. Das Geld bekommt intern aber das Gebäudemanagement als Einnahme. Der Quadratmeter in einer Notunterkunft kostet laut städtischer Satzung 16,50 Euro. Das ist gehobene Preisklasse für Unterkünfte, die man auch mit viel Fantasie nicht als luxuriös bezeichnen kann.
Dass es auch preiswerter geht, zeigen andere Kommunen — dort liegen die Quadratmeterpreise auch schon mal bei 8,50 Euro. Etwa 22 000 Euro lassen sich zudem von den Gesamtkosten abziehen, da die Leistungen für Bildung und Teilhabe vom Land NRW zurückerstattet werden.
Aber die Stadt ist auch in einer misslichen Lage: Die als Bundes- und Landeszuschüsse eingenommenen 670 000 Euro beziehen sich auf die vor neun Monaten gemeldeten Asylbewerberzahlen. Da waren jedoch noch deutlich weniger Flüchtlinge zu beherbergen. In diesem Zeitraum sind etwa 100 Asylbewerber dazu gekommen.
Rechnerisch steht der Stadt Mettmann demzufolge bei einer monatlichen Erstattungspauschale von rund 514 Euro pro Asylbewerber ein zusätzlicher Betrag von mehr als 300 000 Euro zu, der aber erst später erstattet wird und daher ebenfalls nicht sofort als Einnahme verbucht wurde.