Freiheitstraße: Handarbeit am Kirchenschiff

Die Kirche Freiheitstraße wird restauriert. Statt Sitzbänken gibt es künftig 120 Stühle.

Mettmann. Baukirchmeister Ottokar Iven kann sich noch gut an den Gottesdienst vor zwei Jahren erinnern, als ein Teil der Decke der evangelischen Stadtkirche plötzlich herunterkam und auf die Empore fiel, auf der glücklicherweise niemand saß. „Ich hab’ erst gedacht, jetzt ist der Organist vom Stuhl gefallen“, sagt Iven. Pfarrer Klaus Schilling stand auf der Kanzel und predigte, „aber das Volk hat nicht mehr zugehört“, sagt der Baukirchmeister und schmunzelt.

Bis zum 1. Advent wird die Kirche, die 1780 geweiht wurde, restauriert und saniert. Nicht nur rund um die Kirche ist ein Gerüst aufgebaut, sondern auch im Kirchenschiff selbst ragen Gerüste bis unter die Kirchendecke. In zwölf Meter Höhe schleifen Handwerker die Farbe per Hand von der Decke. „Ursprünglich wurde die Decke mit Kalk geweißt. Doch bei den letzten Sanierungsarbeiten ist sie mit Dispersionsfarbe gestrichen worden. Ganz falsch“, sagt Architekt und Bauleiter Rainer Gebauer. „Die Farbe hat dem Strohlehm, mit dem die acht Zentimeter dicke Holzlattung der Decke verputzt wurde, die Atmungsfähigkeit genommen.“ Der Lehm trocknete aus und ist nach großen Temperaturschwankungen an zwei Stellen gerissen, so dass ein Teil der Decke herunterfiel. Nachdem die Farbe vom Gewölk runter ist und der poröse Lehm ausgetauscht wurde, „wird das Gewölk mit Kalk abgetucht“, sagt Gebauer.

Auch der unschöne Fleck an der Decke über der Kanzel, der durch einen Wasserschaden entstanden ist und irgendwann einmal mit Gips ausgebessert wurde, wird jetzt fachgerecht bearbeitet.

Nicht weniger aufwendig gestaltet sich die Restaurierung der zwei mal sechs Meter großen Kirchenfenster. Sie werden von der Mönchengladbacher Spezialfirma Pongs (Glas, Gestaltung, Restaurierung) ausgebaut. Das Unternehmen hat unter anderem auch schon Fenster des Kölner Doms restauriert.

Jede der vielen hundert Glasscheiben der neun Fenster wird aus der Bleiverglasung genommen, gereinigt, neu verbleit und dann nach genauen Plänen wieder an der richtigen Stelle im Windrispen, einem von insgesamt 15 Strebewerken pro Fenster, eingesetzt. „Ohne diese Strebewerke würde der Wind die großen Fenster eindrücken“, sagt Gebauer. Die Restaurierung der Kirchenfenster dauert drei Monate.

Die alten Gitter, die als Taubenschutz vor den Kirchenfenstern montiert waren, wurden abgebaut. Die Entsorgung der Gitter sollte laut Angebot 4000 Euro kosten. Doch Architekt Gebauer fand die kostengünstigste Lösung für die Gemeinde. „Ich habe einen Schrotthändler gefragt, der gerade vorbeikam. Der hat kurz telefoniert und ruckzuck tauchten dann noch drei Leute auf. Sie haben die Gitter abgebaut und gleich mitgenommen. Alles umsonst“, sagt Gebauer und grinst schelmisch.

Eine „Notverglasung“ aus Latten und Folie schützt den Innenraum der Kirche an der Südseite, an der die Fenster der Kirche schon ausgebaut sind. Die steinernen Fensterrahmen, die Gewände werden ebenfalls erneuert. „Sie bestehen aus Trachyt. Der Stein lässt sich zwar gut schlagen, ist aber nicht sehr witterungsbeständig“, sagt Gebauer. Deshalb hat der Architekt den farbähnlichen, weniger empfindlichen Muschelkalk für die neuen Gewände ausgesucht.