Jury wählt ein Mahnmal aus Glas
Ab dem Jahr 2019 soll eine 1,90 Meter große Figur der Berliner Künstlerin Franziska Peter an die Verbrechen der NS-Zeit erinnern.
Kreis Mettmann. An den Händen gefesselt, den Kopf in den Nacken gelegt: Der Mensch leidet. Er ist 1,90 Meter hoch, 80 Zentimeter breit und besteht aus etwa sieben Zentimeter dickem Glas. Zusammen mit einer im Boden verankerten Edelstahlplatte samt Erläuterungstext soll die Skulptur der Berliner Künstlerin Franziska Peter ab Ende 2019 gegenüber dem Neanderthal Museum an die Opfer des Nationalsozialismus erinnern. Eine Jury aus Politikern, Verwaltungsleuten, Künstlern, Museumsvertretern und Nachbarn hat diesem Entwurf aus insgesamt 53 eingereichten Ideen zum Erstplatzierten gekürt. Der Kreisausschuss für Wirtschaftsförderung, Kultur und Tourismus lauschte am Montagnachmittag dem Ergebnis.
Das Preisgeld für die Gewinnerin beträgt 1500 Euro, die Gesamtkosten für das Gedenkzeichen sind mit 20 000 Euro in den kommenden Kreishaushalten eingeplant. Der mit 1000 Euro dotierte zweite Platz ging an den Entwurf des Würzburger Architekten Matthias Braun. Er wollte einen 2,60 Meter hohen und 60 mal 60 Zentimeter breiten Quader aus Neandertaler Kalkstein mit feinen Riefen versehen, die wie Äderchen gewirkt hätten und mit rotem Kunstharz ausgegossen worden wären. Der Gedenktext sollte auf einer Glastafel unmittelbar an den Block geschraubt werden. Auf dem dritten Platz landete nach dem Urteil der Jury Maria Anna Dewes aus Düsseldorf. Auch sie materialisiert Gewalt und Unmenschlichkeit der Nazi-Schergen in einem 2.50 Meter hohen Block — aus Beton. Auf der Vorderseite ist der Negativabdruck eines Menschen zu sehen, der aus dem vollen, knallrot gestrichenen Material herausgelöst und daneben ausgestellt werden sollte. Für diese Arbeit soll es 500 Euro geben. Landrat Thomas Hendele wird die drei Preisträger vermutlich im Januar empfangen.
Dass die Jury die Auswahl unter 53 Vorschlägen für ein Gedenkzeichen hatte, ist ein klares Zeichen dafür, dass nur eine Minderheit Schluss machen will mit der Erinnerung an Leid und Unrecht.
Im Kreistag und seinem Kulturausschuss war es vor allem Rainer Koester von der Partei Die Linke, der an die dunklen Jahre in Mettmann immer erinnerte, auch in eigenen Büchern. Nachdem sich die Deutschen im Jahr 1933 mehrheitlich dafür entschieden hatte, die Nationalsozialisten zu wählen, wirkte in der Koburg im Neandertal die SA-Standarte 258. Systematisch wurden politische Gegner — vor allem von SPD und KPD verfolgt, verhört, gefoltert, gebrochen. Einige der Verhafteten wurden getötet, einige starben an den durch Folter beigebrachten Verletzungen, manche begingen nach der menschenverachteten Befragung Suizid.
Im „Rückwandererheim Diepensiepen“ wurden 1936/37 Menschen eingewiesen, die eine gewisse Zeit im Ausland tätig gewesen waren oder gelebt hatten. Dort führte die Gestapo ebenfalls das Haus mit Verhören, Folter und Misshandlungen. Schließlich setzten die Kalkwerke Neandertal sogenannte „Zwangsarbeiter“ ein. Oft waren deren Arbeitsbedingungen alles andere als menschenwürdig. Diesen, aber auch allen anderen Opfern der Nationalsozialisten soll im Neandertal ein Zeichen des Gedenkens gesetzt werden. Es ist Teil der Neugestaltung im Umfeld des Neanderthal Museums. Zwischen dem Parkplatz und der neuen Museumsbrücke soll das Gedenkzeichen im zweiten Halbjahr 2019 aufgebaut werden.