Kaffeeröster in Mettmann 5350 Euro Spenden für Erdbebenopfer
Mettmann · Mehr als ein Muntermacher ist der Kaffee von Selcuk „Selgio“ Karademir: Jede verkaufte Bohne wurde zu barem Geld.
(von) Selcuk Karademir, den Freunde „Selgio“ nennen, hat ein großes Herz. „Als ich von dem Drama in der Türkei hörte, war mir sofort klar: Ich muss helfen“, sagt der 47-Jährige. Der selbst ernannte Pirat und ausdrücklicher Weltbürger ist eng mit seiner alten Heimat verbunden und das nicht allein, weil seine Schwester und Cousins dort leben. Auf seiner Kaffeeroute zwischen Mettmann, Guatemala und Peru ist er regelmäßig in seiner alten Heimat. „Durch das Erdbeben haben Menschen von jetzt auf gleich alles verloren“, weiß er und auf die Frage „Wie kann ich helfen?“ hatte Mettmanns Kaffeeröster Nummer 1 sofort eine Antwort: Was an Tagesumsatz in seinen Cafés in Mettmann, Haan und Solingen im Tagesgeschäft umgesetzt wird plus dem, was die Kundschaft gerne gibt, will er spenden. „Jeder Kauf wird ohne Abzüge an die Hilfsorganisationen Afad und Kizilay gehen, die vor Ort arbeiten, um den Opfern zu helfen“, hatte er unter anderem in den sozialen Netzwerken gepostet. Eine Aktion mit Erfolg, 5350 Euro kamen an nur einem Tag zusammen.
„Ich bin so glücklich“, sagt der Karabusta-Mann, „sehr zufrieden“ sei er mit dem Ergebnis. „Und es darf gerne weiter gespendet werden“, informiert er mit Blick auf die Spendenbüchse auf dem Tresen seiner Kaffeerösterei mit Café in Mettmanns Einkaufscenter. Denn das Elend vor Ort sei groß, das weiß er von der Verwandtschaft. „Obwohl die Kilometer vom Bebenzentrum entfernt leben, haben sie Vibrationen als Ausläufer gespürt.“ Selcuk Karademir, sonst nie um einen flapsigen Spruch verlegen, Pirat eben, wird ernst, wenn er über seine Landsleute spricht, über deren Angst und Tod und das Quäntchen Hoffnung „in den Trümmern doch Überlebende zu finden. Nichtmal bei dem Tod meiner Mutter habe ich so viel geweint wie jetzt.“
Trotz Inflation brummt das Geschäft in der Kaffeerösterei
Jenseits dieser Katastrophe hat er mit der vor zwei Jahren auch in Mettmann angesiedelten Kaffeerösterei nebst Café wenig zu meckern. „Es läuft gut“, trotz der Pandemie und obwohl „die Inflation den Leuten spürbar zu schaffen macht“ brummt das Geschäft. „Wir haben sogar Tische dazu genommen und das Personal aufgestockt.“ Am größten ist die Resonanz an den Tagen, an denen Bohnen frisch geröstet werden und zu den ureigenen Karabusta-Mischungen werden.
„Black Pearl“ heißt eine Variante, eine starke Mischung mit kräftigem Aroma und guter Crema-Bildung, wie der Fachmann erläutert. Der Name ist, Insider wissen Bescheid, natürlich Programm: Die „Black Pearl“ ist das Schiff des legendären Kapitäns Jack Sparrow – Paradebeispiel eines Piraten.
„Dieser „leichte, angenehme Kaffeegeruch zieht die Leute magisch an“, weiß Pirat Selcuk Karademir, teilweise stammen die Bohnen aus einer eigenen Plantage in der Dominikanischen Republik. „Aber dieses Pflänzchen muss wachsen“, die Plantage ist noch nicht stark genug, sortenreine Bohnen für Karabusta liefern zu können. „Das wächst, das kommt, das wird“, ist der Kaffeemann sich sicher. Ein knappes Dutzend verschiedener Mischungen in verschiedenen Stärken hat er im Angebot.
Erreichen und begeistern möchte er die Kunden mit seinem Wissen, „die Röstanlage steht hier ja mitten im Raum“, und „ich würde eigentlich endlich gerne Kaffee-Workshops anbieten“. Wie aus der Kirsche eine Bohne wird und was passiert, dass sie letztendlich in der Tasse landet, das sind „Geheimnisse, die ich teilen will“. Nicht jede Bohne eignet sich für jede Zubereitung, gerät der Fachmann ins Plaudern, und Kaffee ist sowieso nicht gleich Kaffee.
Überhaupt, die Vielfalt des Lebens möchte er genießen und anderen nahe bringen. Neben den Workshops könnte es Auftritte von Bands geben („Latino-Musik ist super“), und mit Steffanie Voss, einer Mettmanner Autorin, ist demnächst die erste Lesung im Café geplant. „Das Thema passt“, lacht er über ihre Piratenstrategie.
Vor allem aber möchte er im Moment anderen helfen. „Jetzt muss ich für andere da sein.“