Gerichtsreportage Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht
Mettmann/Wuppertal · Bernd U. hatte sich als Krankenhaus-Nomade ins EVK einliefern lassen und war wegen Betruges zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Nun hat er einen JVA-Beamten wegen Körperverletzung angezeigt.
(magu) Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht: Damit konfrontiert sieht sich nun Bernd U. als Insasse der JVA. Jahrelang hatte sich der mittlerweile 59-Jährige bundesweit mit simulierten Ohnmachtsanfällen und Herzattacken in Krankenhäuser einliefern lassen. Bevor der Schwindel aufflog, war der Simulant schon wieder weg. Meist hatte er noch die Ausweise von Mitpatienten geklaut und auf deren Kosten Klamotten bestellt und mit Sex-Hotlines telefoniert.
Auch in Mettmann ist Bernd U. kein Unbekannter – zumindest nicht im Krankenhaus, in das er sich vor Jahren mit angeblichen Herzbeschwerden eingeliefert hatte. Die Diagnose hatte er gleich selbst gestellt: Herzinfarkt! Noch bevor sich ein Kardiologe die Sache hatte genauer anschauen können, war Bernd U. schon wieder weg. Er logierte als Privatpatient, ließ sich vom Chefarzt behandeln und verschwand, bevor man ihm die Kosten in Rechnung stellen konnte. Bevor er sich selbst entließ, hatte er noch zwei seiner Mitpatienten um den Inhalt ihrer Geldbörse gebracht. Einem weiteren Patienten hatte er die Telefonkarte gestohlen, um sich im EVK den Restbetrag am Automaten auszahlen zu lassen.
Das Amtsgericht hatte den Mann zu vier Jahren Haft verurteilt – nun allerdings saß er nicht als Angeklagter im Gerichtssaal, sondern als Kläger. Angeblich will sich Bernd U. bei einer Rangelei mit einem JVA-Beamten einen Oberschenkelhalsbruch zugezogen haben. Ausnahmsweise war die Fraktur zweifelsfrei diagnostiziert worden.
Denn auch mit der Krankenakte des 59-Jährigen hat es eine besondere Bewandtnis: Von „irgendwas mit dem Herz“ bis hin zu Krebs ist alles dabei. Diagnostiziert werden konnte aber nichts, weil der Mann immer schon aus dem Krankenhaus getürmt war, bevor ihn ein Arzt überhaupt hätte gründlich untersuchen können.
Bei einer Schubserei soll es zu dem Sturz gekommen sein
Nun also besagter Oberschenkelhalsbruch: Der auch in der JVA als „notorischer Simulant“ bekannte Mann behauptet, er sei inmitten der Schubserei auf den Boden gefallen. Die Verlegung ins Justizkrankenhaus in Fröndenberg hatte an diesem Tag ohnehin angestanden, der 59-Jährige wollte sich dort wegen einer ihm unerklärlichen Gewichtsabnahme „durchchecken“ lassen. Zwei Tage zuvor war er schon mit Verdacht auf Herzinfarkt in ein Krankenhaus eingeliefert worden. Bevor der Schwindel am nächsten Morgen aufflog, mussten zwei JVA-Beamte die Nacht über vor seinem Zimmer campieren. Und einen epileptischen Anfall hatte der 59-Jährige kurz vorher auch noch - es konnte nicht ausgeschlossen werden, dass er sich dabei den Oberschenkelhalsbruch zugezogen hat.
Der JVA-Beamte hatte sich eine derart schwere Verletzung auch nicht erklären können nach dem, was vor der Zelle des Mannes passiert war. Dass er den Häftling von sich weggeschubst haben soll, hat er nicht bestritten. Der sei ihm nach einem Streit zu nahe gekommen, er habe sich schützen wollen. Der 59-Jährige sei daraufhin ein paar Schritte nach hinten gegangen und habe sich dann auf den Boden gesetzt. Das Amtsgericht hatte den JVA-Beamten vom Vorwurf der „Körperverletzung im Amt“ freigesprochen, dagegen war Bernd U. in Berufung gegangen.
Eigentlich hätte das Urteil schon verkündet werden sollen, nun wird es einen weiteren Verhandlungstag geben.