Abteilungsleiter Integration der Caritas zeigt sich entsetzt über politische Forderungen Martin Sahler bittet um Augenmaß in der Flüchtlingsdebatte
Kreis Mettmann · Nach dem Angriff von Solingen wird viel diskutiert. Die Debatte macht Geflüchteten Angst.
(dne) Bei allem Entsetzen über die drei Getöteten und acht, zum Teil Schwerstverletzten von Solingen bittet Martin Sahler, Abteilungsleiter Integration bei der Caritas in Mettmann, um Mäßigung in der öffentlichen Diskussion: „Wir dürfen in dieser Situation nicht vergessen, dass bei sehr vielen Geflüchteten, seien sie aus Syrien, Afghanistan, dem Irak, dem Iran oder anderen Ländern, die Integration gelungen ist und diese Menschen heute eine wichtige Stütze in der Gesellschaft sind, in der Wirtschaft, dem Handwerk oder in Dienstleistungen wie Gesundheit und Pflege“, sagt Martin Sahler. Und weiter: „Wir müssen unseren Fokus legen auf das Thema ‚Demokratie stärken‘. Dazu sind Bildung und Teilhabe ab dem ersten Tag notwendig. Wer als Geflüchteter selbst wirksam handeln kann, ist weniger empfänglich für terroristische oder fundamentale Ideologien“, so Sahler weiter.
Im Caritasverband für den Kreis Mettmann arbeiteten viele Menschen unterschiedlicher Herkunft. So auch geflüchtete Menschen aus Syrien. Eine dieser Mitarbeiterinnen sei seit mehr als zwei Jahren erfolgreich in der Flüchtlingshilfe des „Fachdienstes für Integration und Migration“, FIM, tätig. So ist der schreckliche Anschlag im benachbarten Solingen selbstverständlich ein großes Thema in der Mitarbeiterschaft. Der Caritasverband sei entsetzt über den Anschlag und trauere mit den Betroffenen; er sei aber auch entsetzt über politische Forderungen aus unterschiedlichen politischen Lagern.
Eine der syrischen Mitarbeiterinnen unterstreicht dies: „Wir Syrerinnen und Syrer sind vor dem Terror in unserem Heimatland geflohen, der unser Land zerstört. Wir sind unendlich dankbar, dass wir in Deutschland so freundlich aufgenommen wurden und eine Chance bekommen haben, ein neues Leben in Frieden und in einer Demokratie aufzubauen.“
Die Mitarbeiterin kennt zahlreiche ihrer Landsleute im Kreis Mettmann und darüber hinaus; zum einen durch ihre Arbeit als Flüchtlingsberaterin im FIM des Caritasverbandes, aber auch durch familiäre und freundschaftliche Vernetzungen. Aus Gesprächen weiß sie, dass die vielen friedlich in Deutschland lebenden Menschen aus Syrien völlig entsetzt sind, dass einer ihrer Landsleute den Anschlag auf das Fest der Vielfalt in Solingen begangen hat.
„Wir trauern mit den Opfern und den Angehörigen, mit den Bürgern der Stadt Solingen, mit unseren deutschen Freunden und Bekannten. Die Menschen in Deutschland haben viel für uns getan, darunter viele Ehrenamtliche, die uns geholfen haben, die deutsche Sprache zu lernen, Wohnungen zu finden, bei der Integration in die Gesellschaft und beim zurechtzufinden nach der Ankunft in Deutschland. Der Anschlag in Solingen hat nichts mit unserem Glauben zu tun, nichts mit unserer Kultur und unserem Wunsch nach Frieden und Demokratie. Wir verurteilen dieses abscheuliche Verbrechen – und haben zugleich Angst davor, wie sich möglicherweise der Blick der Mehrheitsgesellschaft auf uns Zugewanderte verändert.“