Kreißsaal erstrahlt in neuem Glanz
Das Evangelische Krankenhaus Mettmann hat die Räumlichkeiten der Geburtshilfe für eine Million Euro saniert.
Mettmann. Wandfüllende Motive aus dem Neandertal, fließende Formen statt rechter Winkel, die Technik hinter Wandpanelen verborgen. Fast 70 niedergelassene Frauenärzte und Gynäkologen sowie Hebammen schritten sichtbar beeindruckt durch eine für rund eine Million Euro runderneuerte Klinikwelt im Evangelischen Krankenhaus. Ein Hospital erkennt man erst auf den zweiten Blick. Die Kombination aus frischem Grün, leuchtendem Orange und dunkelbraunem, parkettähnlichem Laminat stünde auch einem Hotel gut. Dr. Ulrike Müller, seit knapp drei Wochen neue Chefärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe, führte die Gäste durch ihre von Grund auf neu gestaltete Abteilung. Blickfang sind eindeutig die großen Lichtflächen über den Gebärstühlen — einstellbar in 36 000 Wunschfarben. Ergänzend gibt es die Möglichkeit, über eine Steckverbindung in der Wand die Geburt mit der eigenen Wunschmelodie zu unterlegen.
Zwei Kreißsäle warten auf neu zu gebärende Mettmanner und Weltenbürger aus der Umgebung. Eine Geburt ist immer beides zugleich: Die Eltern erleben einen ungeheuer emotionalen Vorgang. Die Krankenhausverwaltung rechnet ihn mit der Krankenkasse ab. Da sich die Eltern ihr Geburtskrankenhaus in der Regel aussuchen, musste auch die Klinik in Mettmann einiges tun, um in diesem Wettbewerb bestehen zu können. „Als der Vorgänger von Frau Dr. Müller, vor 20 Jahren zu uns kam, hat er auch die Kreißsäle von Grund auf erneuert“, erinnert sich der kaufmännische Leiter des Hauses, Geschäftsführer Bernd Huckels.
Den Charme der späten 1980er Jahre hat die Renovierung der Babystation gründlich beseitigt. So keimt in Mettmann die Hoffnung, an die ökonomischen Erfolge der vergangenen Jahre anknüpfen, sie vielleicht sogar übertreffen zu können.
Vorgänger Clemens Stock konnte die Zahl der Geburten von 2014 um mehr als 30 Prozent auf 430 Geburten im Jahr 2016 steigern. Die Kosten für eine komplikationsfreie Klinikgeburt mit drei Tagen Verweildauern von Mutter und Kind betragen ab 1500 Euro — so der Bundesverband der Gesetzlichen Krankenkassen. Inklusive Kaiserschnitt ab 2400 Euro — mit Unterschieden je nach Bundesland.
Mittlerweile wird jedes dritte Kind in Deutschland auf dem operativen Weg zur Welt gebracht. So wollen sich manche Frauen ein stundenlanges Martyrium auf dem Zimmer und dann im Kreißsaal ersparen. Weil sich Geburten im Rahmen eines Operationsplans besser eintakten lassen, gibt es auch in den Kliniken viele werdende Mütter, die den Kaiserschnitt bevorzugen. „Sie alle übersehen, dass der Kaiserschnitt eine Operation ist, mit ihren ganz besonderen Risiken für Mutter und Kind“, warnt die neue Chefärztin Dr. Ulrike Müller.
Wenn es allein nach ihr ginge, würde ein Kaiserschnitt nur dann gemacht, wenn er aus medizinischen Gründen sein muss. Sie kennt aber auch kaufmännische Dimension der Frage. „Vielfach setzen Kollegen dennoch den Kaiserschnitt — damit sich junge Eltern keine andere, scheinbar aufgeschlossenere Klinik suchen.“ Von den neuen Kreißsälen in Mettmann ist der Operationssaal nur zwei Türen entfernt.