Das Franz-Rath-Kolleg steht vor dem Aus

Der Trägerverein Heimschule Ratingen will das einstige Erfolgsmodell 2018 nach dann über 60 Jahren schließen. Die Politik will das verhindern.

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Ratingen. Vor wenigen Monaten gab es während der Feierstunde nur eine Meinung: „Wenn es die Schule so nicht gäbe, müsste sie erfunden werden“, sagte Bürgermeister Klaus Pesch im April. Man feierte das 60-jährige Bestehen einer weithin einzigartigen Weiterbildungseinrichtung. Das Franz-Rath-Kolleg ermöglicht seit 60 Jahren jungen Menschen, ihren Schulabschluss abseits des dreigegliederten Schulsystems nachzuholen. Jetzt droht dem Erfolgsmodell das Aus im Jahr 2018.

Foto: Achim Blazy

Der Träger des Hauses, der Verein Heimschule Ratingen, nennt in einem Brief an Politik und Verwaltung eine Reihe von verzwickten Gründen für die Entscheidung, die im Spätsommer getroffen wurde. Die Frage bleibt aber vorläufig, ob es die Schule weiter geben könnte, wenn sie denn auf geeignete Art neuerfunden werden könnte. Genau hier wird der Schulausschuss in der kommenden Woche in seiner Diskussion ansetzen. Denn unmittelbar nach Bekanntwerden des Schreibens meldeten sich FDP und Bündnisgrüne besorgt zu Wort. Man möchte die Schulschließung abwenden.

Allerdings sind die Gründe des Trägervereins nicht von der Hand zu weisen. Der Ton in dem besagten Brief klingt nicht danach, als gebe es Verhandlungsspielräume. Denn „der Trägerverein Heimschule Ratingen hat auf seiner außerordentlichen Mitgliederversammlung am 1. September beschlossen, die Schule zum Ende des Schuljahrs 2017/1018 zu schließen“. Heinz Poerschke und Heinrich König, die Vorsitzenden des Trägervereins, führen eine Reihe von Gründen für diesen Schlussstrich an. Zu verzeichnen sei „ein dramatischer Einbruch der Anmeldungen“. Das Kolleg hat aktuell 110 Studierende, so die offizielle Bezeichnung, außerdem besuchen 50 Flüchtlinge das Kolleg für die befristete Dauer von einem Jahr. „Mindestzahl wären etwa 180 Schüler auf Dauer“, heißt es weiter in dem Brief. Weitere Kurse seien wegen zu geringer Anmeldezahlen nicht zustandegekommen.

Vier Gründe nennt der Schulträger für die bedrohliche Abwärtsspirale am Weiterbildungskolleg. So sieht die geänderte Ausbildungs- und Prüfungsordnung die Anhebung des Mindestalters der Schüler für Kollegs von 16 auf 17 Jahre vor (außerdem den Nachweis von sechs Monaten Berufserfahrung). BAföG gibt es erst vom dritten Semester am Kolleg an. Außerdem gebe es „konkurrierende Angebote“ in Ratingen. Und schließlich sei für Ratingen zwischen 1980 und 2013 ein Rückgang der Geburten um ein Viertel zu verzeichnen.

Erste Reaktionen auf den Brandbrief liegen vor. Barbara Esser fordert für die Grünen den Erhalt der Schule an der Schützenstraße in Süd. „Gerade diese im Kreis Mettmann einmalige Schule bietet Menschen eine gute zweite Chance auf einen Bildungsabschluss oder eine höhere Qualifizierung.“ Für die FDP bringt Hannelore Hanning mehrere denkbare Modelle ins Spiel. Darunter: Kooperation mit dem Bistum Köln oder der Stadt, Landesmittel aus dem Programm „Kein Anschluss ohne Abschluss“. Schulleiter Georg Berendt wollte sich nicht zu denkbaren Spielräumen äußern. Wie der Trägerverein will er die Diskussion im Schulausschuss am kommenden Mittwoch abwarten.