Die Polizei rückt jetzt nicht immer aus
Nach Beschwerden von Bürgern wollte die CDU wissen, ob Bagatelldelikte aus Personalgründen nicht bearbeitet würden. Der Polizeichef gibt Antworten, die zu denken geben.
Ratingen. Einmal jährlich beglückt die Stadtverwaltung die Gremien mit einer Übersicht der unerledigten Aufträge. Diese „Beschlusskontrolle“ ist einst vom Rat initiiert worden. So erfährt der geneigte Vorlagen-Leser unter anderem, dass eine CDU-Anfrage vom August 2015 noch nicht beantwortet worden sei: Es ging um die Frage, ob, warum und wie viele Einsatzanfragen von Bürgern durch die Polizei nicht wahrgenommen werden. Man vermutete Personalnot als Hintergrund.
Die ausführliche Antwort von Landrat Thomas Hendele als oberster Polizeichef stellt klar, dass die Polizei längst nicht für alles zuständig ist — anders als sich das Lieschen Müller so vorstellt.
Dass diese Anfrage an die Stadtverwaltung, die beim Landrat mal nachhören sollte, nach einem Jahr in der Liste der nicht erledigten Aufträge landete, ist durch ein Versehen geschehen: Nach Angaben der Polizeipressestelle war die umgehend erstellte Antwort nur an die CDU-Fraktion gegangen, nicht aber an die Stadtverwaltung.
CDU-Ratsherr Klaus Weber und Fraktionschef Ewald Vielhaus berichteten von Bürgern, die den „Eindruck“ hätten, dass zu bestimmten Bagatelldelikten die Polizei nicht ausrücke. Die Bürger seien von der Leitstelle darauf hingewiesen worden, dass man „Einsätze aufgrund von Ruhestörungen, Streitigkeiten und leichteren Körperverletzungen wegen der angespannten Personallage nicht wahrnehmen könne“.
Elmar Hörster, Leiter der Polizeiwache Ratingen
Da die Anfrage keine konkreten Fälle enthielt, sei eine „fallbezogene Stellungnahme“ nicht möglich, zitiert Hendele den Leiter der Polizeiwache Ratingen, Elmar Hörster. Bei zivilrechtlichen Streitigkeiten werde keine Statistik geführt, der reine Telefonanruf werde nicht dokumentiert.
Und für manche Sachen sei die Polizei schlicht nicht zuständig, heißt es in der Antwort weiter. Bei Ruhestörungen und Parkverstößen beispielsweise würden Bürger während der üblichen Bürozeiten konsequent an das dafür „originär zuständige Ordnungsamt“ verwiesen.
Ausnahmen seien Fälle, bei denen ein „hoher Gefahrengrad“ bestehe. Außerhalb der Bürozeiten würden die Fälle gemäß Prioritätenliste „zeitnah abgearbeitet“.
Bei Ruhestörungen durch Gaststätten oder Veranstaltungen werde der Ordnungsdienst der Stadt miteinbezogen. Doch im Sommer würden 15 bis 20 Störungen pro Nacht gemeldet — oftmals komme die Polizei dann zu spät.
Ein Anspruch auf ein Eingreifen bestehe grundsätzlich nur dann, wenn auch die Öffentlichkeit betroffen sei. Bei Ruhestörungen in unmittelbarer Nachschaft sei der zivil- beziehungsweise mietrechtliche Rechtsweg einzuschlagen. Darauf würden Anrufer auch gezielt hingewiesen.
Ganz anders sehe es aus, wenn es beispielsweise um Körperverletzungsdelikte oder andere Straftaten gehe: Nur wenn die Tat länger zurückliege und es die „aktuelle Einsatzlage nicht zulasse, ein Einsatzfahrzeug zeitnah zu entsenden“, werde der Anrufer auf eine mögliche Wartezeit hingewiesen oder auf die Möglichkeit, auf der Wache eine Anzeige zu erstatten.
Grundsätzlich würden keine Angaben zu konkreten Einsatzbelastungen und Dienststärken der Polizei Ratingen gegenüber Anrufern gemacht, betonte Hörster.