Ein kleines bisschen Glück durch die Weihnachtstüte
Bei der Ratinger Tafel kümmern sich ehrenamtliche Helfer jede Woche darum, dass rund 3000 Menschen mit Lebensmitteln versorgt werden.
Ratingen. Eine Frau tritt leise ein und stapelt 80 Tafeln Schokolade auf den Tisch. „Ich war selbst mal Flüchtling. Damals wurde mir geholfen.“ Draußen fährt einer der beiden Kleinlaster vor — mit Nachschub, so dass gleich alle Hände gebraucht werden, die schwarzen Kisten voller Lebensmittel ins Haus zu tragen. Jemand sucht einen Schlüssel. Die Stadtwerke bieten Weihnachtsbäume an. Eine Kiste mit Yoghurt und Käse ist umgekippt; „Nichts passiert“ ruft jemand.
Mitten in diesem Wirbel aus Fragen, Nachrichten, Spenden, Hinweisen und Danksagungen bleibt Ingrid Bauer ruhig. „Jetzt zum Weihnachtsfest wünsche ich mir, auch im Namen unserer 135 Helfer, dass alle zur Ratinger Tafel kommen, die Hilfe brauchen. Und zwar ohne sich zu schämen.“
Das ist für viele Menschen nicht einfach: Vor der alten Bücherei der Katholischen Gemeinde St. Peter und Paul an der Ecke Grütstraße/Turmstraße in der Schlange zu stehen. Und damit zu zeigen, dass man die Hilfe der Tafel braucht, um über die Runden zu kommen. Ingrid Bauer hat auch dafür eine pragmatische Lösung: „Kommen Sie doch gegen ein Uhr, wenn der Andrang vorüber ist.“
Dieter Eschenberg, Ehrenamtler
2008 haben sie begonnen. Dieter Eschenberg kann sich noch erinnern: „Ingrid Bauer und ich waren damals unterwegs, um uns die Arbeit der Tafeln in den Nachbarstädten anzuschauen.“ Seit 2014 steht die Ratinger Tafel als Verein auf eigenen Beinen.
Auf die Frage, warum er sich bei der Tafel engagiert, sagt der 78-Jährige: „Ich hatte im Leben so viel Glück. Da möchte ich ein bisschen davon weitergeben.“ Unter dem Dach der Diakonie und des Sozialdienstes Katholischer Frauen, SKF, ging es damals los. Schritt für Schritt entstand eine Ratinger Institution. Die Tafel macht bis zu 3000 Menschen pro Woche satt. 35 Unternehmen der Stadt — Supermärkte, Bäcker, Metzger und Bauern der Umgebung geben regelmäßig ab, was nicht verkauft werden konnte. Zwei Kleintransporter kreisen bis zu 90 Runden pro Woche durch Ratingen, um alles einzusammeln.
An der Ecke der Turmstraße angekommen, braucht niemand das Kommando zu führen. „Hier weiß jeder, was zu tun ist“, sagt Sabine Schulz. Sie sortiert fauliges Obst aus. Andere schleppen. Und verstauen die zu kühlenden Produkte in den Kühlschrank-Batterien.
Am Ende eines der drei Verkaufstage, so hat mal jemand berechnet, haben die ehrenamtlichen Helfer der Tafel bis zu neun Tonnen Ware bewegt. „Wenn wir nach einem Öffnungstag aufgeräumt haben, weiß man schon, was man geleistet hat“, sagt einer, der zwei Pullover übereinander trägt. Die Heizungen stehen auf kleinster Stufe, um Kosten zu sparen.
Damit die Auslagen in den Verkaufsräumen immer gut gefüllt sind, wird jeder Zentimeter genutzt. Derzeit stehen der Ratinger Tafel 140 Quadratmeter auf drei Etagen zur Verfügung. „Ich liebe diesen Standort — aber er ist viel zu klein“, sagt Bauer. Deshalb verhandelt die Tafel, unterstützt durch die Stadt Ratingen, über einen neuen Standort. „Wir haben da etwas in Aussicht, aber es ist noch nicht spruchreif.“ Jetzt vor Weihnachten haben die Helfer der Ratinger Tafel noch ein Hauptanliegen. „Es sind in Ratingen viele Bürger unterwegs, die uns unterstützen. Ohne all diese Hilfe, könnten wir unsere Arbeit gar nicht in diesem Umfang leisten.“