Fluglärm: Neuer Konflikt ist im Anflug
Der Flughafen will mehr Starts und Landungen — auch wenn jetzt schon viele Anwohner unter dem Lärm leiden.
Ratingen. Flugzeuge mit immer leiseren Triebwerken, immer bessere Schallschutzfenster — das Thema Fluglärm ist doch gar keines mehr. Weit gefehlt. Die Masse macht’s: So gab es 1965, als der Angerlandvergleich zwischen dem Flughafen und den umliegenden Gemeinden geschlossen wurde, gerade mal 1,8 Millionen Passagiere und 78 000 Flugbewegungen. Heute sind es weit mehr als doppelt so viele Flüge und mehr als 16 Millionen Fluggäste.
Aber noch mehr machen den Anwohnern die Flüge in den Randzeiten, früh morgens und in der Nacht, zu schaffen. Jahrzehntelang waren der Bürgerverein (BV) Tiefenbroich und die IG Waldgemeinde Wächter, Mahner und Sprachrohr der lärmgeplagten Anwohner. Mit der Selbstauflösung des Bürgervereins — weil sich kein neuer Vorstand fand — ist nunmehr nur noch die IG Waldgemeinde übrig.
Der eingetragene Verein ist aber nach wie vor aktiv: Zwar gibt es mit dem Flughafen kein aktuelles Problem, doch zeichnen sich künftige Konflikte schon ab. Obwohl der Flughafen die ihm erlaubten Flugzahlen nicht ausnutzt, unternimmt er einen erneuten Anlauf, mit einer erweiterten Betriebsgenehmigung seine Kapazitäten auszubauen. „Der Flughafen-Geschäftsführer hat dazu schon im Verkehrsministerium vorgesprochen“, sagt Ulrich Neck, Vorsitzender der IG. Das Papier soll auf der Mitgliederversammlung in der nächsten Woche diskutiert werden.
Auch ohne den aufgelösten BV sieht Neck die IG Waldgemeinde keineswegs als einziges Gremium, das die Interessen der lärmgeplagten Anwohner vertritt. „Die Fraktion Ratingen steht — immer noch.“ Er will jetzt verstärkt auf die Tiefenbroicher zugehen und hofft, dass einige bereit sind, mitzumachen.
Schließlich kämpft auch die IG Waldgemeinde wie viele Vereine darum, ihre Mitgliederzahl („zwischen 80 und 100“) stabil zu halten. Zurzeit sei es schwer, neue Leute zu gewinnen. Neck hofft, dass unter geänderten Voraussetzungen auch junge, neu hingezogene Familien bereit sind, sich gegen den Fluglärm zu engagieren.
An der Bedeutung des Flughafens will auch die IG Waldgemeinde nicht rütteln. Neck: „Er ist wichtig und hat seine Berechtigung, aber muss sich an den gesteckten Rahmen halten.“
Gemeint ist die Nichteinhaltung der Betriebszeiten (6 bis 23 Uhr), weshalb der Flughafen — wenn es nach der IG Waldgemeinde geht — die gelbe Karte verdient hätte. Deshalb bleibt das Thema auf der Agenda.
Ein weiteres Feld soll demnächst beackert werden: Die Frage, wie schwer Bürger belastet sind, wenn sie mehreren Lärmquellen ausgesetzt werden. So kritisiert Neck, dass bei den jüngst veröffentlichten Lärmkarten die Lärmquellen — Straße, Schiene, Flugzeug — einzeln betrachtet wurde. Neck: „Man muss die Summe des Lärms betrachten.“