Geschichte kindgerecht serviert
Alexandra Töpfer und Elke Rieger bieten vier Mal im Jahr Stadtführungen für die jüngsten Ratinger Einwohner an.
Ratingen. Stadtführungen gibt es viele. Selten sind sie haargenau auf die Interessen von Grundschülern zugeschnitten. So wie bei Elke Rieger und Alexandra Töpfer. Seit 2012 sind sie so etwas wie Wegweiser für junge Entdecker und bieten Kinderstadtführungen an.
„Das ist ein Bildungsangebot auf ganz niederschwelligem Niveau“, beschreibt Elke Rieger. „Wir fangen sozusagen im Kern an: Mit der Geschichte der eigenen Stadt“, ergänzt Alexandra Töpfer. Beide sind ausgebildete Erzieherinnen. Anlässlich einer Fortbildung haben sie das Modul „Stadtgeschichte für Kinder“ als Projekt entwickelt. Das Ergebnis imponierte Kulturamtschefin Andrea Töpfer, seitdem werden sie viermal jährlich angeboten. „Ich finde es grundsätzlich wichtig und richtig, Kinder für die vielfältigen Themen rund um Ratingen zu begeistern.“
Ursprünglich für einen 60-minütigen Gang durch die Innenstadt geplant, „dauert die Tour meist 1,5 Stunden“, sagen die beiden. „Meist kommen wir mit den Kindern gut ins Gespräch“, spielerisch geht es zu „und ganz wenig zahlenlastig“.
Kostümiert, wie es Frauen im Mittelalter waren, beginnt die Route am Markt. Dort wird geklärt, warum der Ratinger Löwe — und übrigens auch das von Markus Möller aus dem Planungsamt entwickelte Maskottchen „Leon“ — zwei Schwänze hat. Grund dafür ist die historische Vermählung zwischen Irmgard von Berg mit Heinrich von Limburg. Und damit das nicht nur erzählt wird, wird am Brunnen auch gleich Hochzeit gefeiert — mit zwei Freiwilligen aus der Kindergruppe. Dazu zücken die Stadtführerinnen dann Schleier und Zylinder und staffieren das „Brautpaar“ entsprechend aus.
Hierin liegt eines der Geheimnisse ihrer Stadtstreichergänge, „wir machen das gerne und mit Herzblut. Das merkt man uns wohl an“, sagen sie. Die persönliche Ansprache ist wichtig, „so bleiben auch die Jüngsten am Ball“. Und als ausgebildete Erzieherinnen bringen die Damen Rieger und Töpfer eben das notwendige Fingerspitzengefühl für ihre Klientel, die oft von Eltern und Großeltern begleitet werden, mit. „Da wird schon mal gefrotzelt oder ein Witz gerissen“, vor allem werden die Kleinen immer wieder eingebunden. So wird es nie auch nur im Ansatz langweilig.
An der Station Trinsenturm, einst Wehrturm, darf ein Teilnehmerkind die mittelalterlichen Bürgerpflichten verlesen, kostümiert in Wams und Helm mit Schwert und Schild — richtig historisch also. Am Dicken Turm, wo zuweilen auch Turm-Baas Karl-Heinz Dahmen als Exkurs durch die Etagen vom Eiskeller bis zur Turmspitze bittet, wird ein „vorsintflutliches Erbstück“ namens Zollstock ausgeklappt und die Kinder bilden eine Kette, um die Mauerdicke von 3,5 Metern nachzustellen. Und auch die Mär vom Dumeklemmer als versehentlich eingeklemmtem Daumen wird korrigiert: Es war der Scharfrichter, der mit einer Daumenschraube folterte.
„Grundschulkinder hatten oft schon ein bisschen Stadtgeschichte im Sachkundeunterricht. Sie sind sehr stolz, erzählen zu können, was sie wissen“, sagen Elke Rieger und Alexandra Töpfer. Beschleicht die Stadtführerinnen das Gefühl, ein Kind sei unterfordert, machen sie es kurzerhand zum Assistenten. Auch eine Methode, alle interessiert am Ball zu halten.