Gibt’s bald den Bürgerkredit?

Um im Notfall die Kasse aufzubessern, könnten Bürger der Stadt Darlehen gewähren.

Ratingen. Ein neue Fassade für die Schule, ein frischer Anstrich für die Stadthalle oder der Bau eines neuen Verwaltungsgebäudes — solche Projekte kosten Geld und das nicht zu knapp. Angesichts der klammen Kassen vieler Kommunen werden diese Vorhaben nicht selten auf die lange Bank geschoben oder auch gar nicht realisiert.

Damit in Ratingen in Zukunft aber weiter gebaut und/oder modernisiert werden kann, ist die SPD für die Einführung eines so genannten Bürgerkredits — bei dem die Bürger der Stadt ein Darlehen gewähren. Hinter dem Konzept verbirgt sich eine neue Form der Finanzierung städtischer Projekte.

In den Städten Willich und Quickborn wurde der Bürgerkredit schon eingeführt. „Und für Ratingen kann es ein Modell sein, weil wir ständig Kredite aufnehmen, um Projekte bezahlen zu können“, sagt SPD-Fraktionsvorsitzender Christian Wiglow.

Doch wie genau funktioniert das eigentlich mit dem Bürgerkredit? Kurz und vereinfacht erklärt folgendermaßen: Die Stadt bekommt zwar das Darlehen von den Bürgern, aber nicht direkt auf ein städtisches Konto. Es wird vielmehr von einer Bank verwaltet, die der Stadt den Bürgerkredit auszahlt. In Willich war es beispielsweise die biw AG. Die Bank hat eine eigene Internetplattform zur Verwaltung der Bürgerkredite.

Auf der Onlineseite sind die einzelnen Vorhaben aufgelistet, die finanziert werden sollen: wie viel Geld dafür benötigt wird, wie lange die Kreditlaufzeit und wie hoch die Verzinsung ist. Bürger, die Teile der Finanzierung für ein Projekt übernehmen wollen, eröffnen bei der Bank ein zweckgebundenes Konto und geben ein Gebot für ihr Darlehen ab (Mindestsumme: 5000 Euro). Wenn die Summe aller Gebote den Geldbetrag erreicht, der zur Finanzierung benötigt wird, gewährt die Bank der Kommune das Darlehen.

Die SPD will aber nicht, dass irgendein Kreditinstitut die Darlehensverwaltung übernimmt, sondern die Sparkasse als lokaler Anbieter. Die Verwaltung sollte prüfen, ob das möglich ist.

Und das ist es: „Die Stadt hat mehrmals Kontakt mit uns aufgenommen“, sagt Oliver Radulovic, Leiter des Vorstandsstabs der Sparkasse Hilden-Ratingen-Velbert. „Grundsätzlich begrüßen wir die Einrichtung von Bürgerkrediten. Und sollte es soweit sein, dass die Stadt dies umsetzen will, dann sind wir dabei. Immerhin haben wir einen öffentlichen Auftrag, den wir auch in dieser Hinsicht erfüllen wollen.“

Doch bis zur Einführung der Bürgerkredite wird es wohl noch dauern. Denn Ratingen ist noch liquide. „Unsere Haushaltslage verwehrt uns das System der Bürgerkredite momentan noch. Wir nehmen zwar zweckgebundene Kredite auf, aber wir haben derzeit auch noch einen Betrag von 50 Millionen Euro, mit dem wir arbeiten können“, sagt der Abteilungsleiter der Kämmerei, André Dahlmann. Wenn allerdings in Zukunft schlechte Zeiten anbrechen, dann ist der Bürgerkredit eine Option zur Finanzierung städtischer Projekte.