Ingeborg Weiß hilft bei Familienkrisen

Die Familien-Mediatorin sucht den Ursprung des Konflikts zwischen Eltern und Kindern.

Foto: Blazy

Ratingen. Eine schwierige, eine anspruchsvolle Aufgabe: Ein Mediator ist jemand, der die Hintergründe der Probleme erforscht, aber auch Gemeinsamkeiten der beteiligten Personen ermittelt. Ingeborg Weiß aus Ratingen ist eine Mediatorin. Sie hat keine Entscheidungskompetenz und erteilt auch keinen rechtlichen Rat. Vielmehr hilft sie bei der Suche nach einem Konsens und schafft eine konstruktive Gesprächsbasis, damit wieder ein zivilisierter Umgang der Gesprächsteilnehmer miteinander möglich ist.

Ingeborg Weiß, Familien-Mediatorin

Gerade in Familien ist viel Konfliktpotenzial vorhanden. „Mein Kind spricht gar nicht oder nur kurz mit mir“, „Es kommt mich nicht besuchen“ oder „Es reagiert gar nicht auf Kontaktversuche, selbst wenn ich es per E-Mail versuche“ — all dies hört sie oft von Eltern. „Die Ursache für einen Konflikt liegt meistens aber schon etwas länger zurück. Da sich die betroffenen Eltern nach und nach aus dem Berufsleben zurückziehen, haben sie nun mehr Zeit zum Nachdenken und stellen fest, dass irgendetwas in der Beziehung zu den Kindern nicht stimmt. Meist wissen sie gar nicht mehr, wann oder warum es zu dieser Störung gekommen sein könnte oder sie haben es verdrängt“, sagt Weiß.

Eines der Hauptprobleme der Hilfesuchenden ist es, dass die Eltern glauben, aufgrund ihres Alters mehr Lebenserfahrung zu haben. Sie sehen häufig nicht, dass ihre Kinder jetzt selbstständig und unabhängig sein wollen. Wenn diese dann etwas anders oder falsch machen, beginnen sie, ihre Kinder zu kritisieren. Sie meinen es zwar gut, aber bemerken nicht, dass der Nachwuchs seine eigenen Erfahrungen machen möchte und somit immer weiter abblockt, wenn sich Vorwürfe und Kritiken häufen.

Probleme kann es aber auch geben, wenn ein Elternteil in einer neuen Beziehung lebt und die erwachsenen Kinder den neuen Partner nicht akzeptieren, weil sie glauben, dass er kein Interesse und Verständnis für seine eigenen Kinder mehr hat und dass der neue Partner ihnen mit Misstrauen und Ablehnung begegnet. „Die Folge ist dann oft, dass sich die Emotionen oder eine stille Ablehnung und gegenseitige Abwendung immer mehr hochschaukeln, bis nichts mehr an Kontakt übrig bleibt“, erzählt Weiß. Ein weiteres Konfliktpotenzial kann bei der vorzeitigen Regelung des künftigen Erbes bestehen.

In der Regel kommen die Eltern zu Weiß. Sie erzählen von ihren Erlebnissen und was ihre Kinder alles getan oder nicht getan haben. Aufgabe der Mediatorin ist es dann, durch Gespräche und Hinterfragen das Problem herauszufinden und die Eltern dahin zu führen, die Ursache des Problems selber zu erkennen. „Als Elternteil sollte man aufgrund des Alters schon etwas klüger sein und auf die Kinder zugehen, ihnen verzeihen können“, rät Weiß. Schaffen es die Eltern nicht, von selber diesen ersten Schritt zu wagen, spricht Weiß auch mit den Kindern, aber erst mal alleine. Sie versucht, das Vertrauen beider Parteien aufzubauen und beide dazu zu bringen, die Welt wieder anders zu sehen. „Ich versuche, wieder die Liebe und das Verständnis bei Eltern und Kindern herauszuholen. Beide müssen miteinander reden, denn Kommunikation ist das Wichtigste — und zwar rechtzeitig. Denn wenn einer von ihnen mal nicht mehr da ist, werden sie es sicherlich bedauern, weil es dann zu spät ist, oder sie sind weiter trotzig und im Grunde unzufrieden. Jedoch müssen sich beide Parteien wieder soweit verstehen, dass eine vernünftige Unterhaltung möglich ist“, sagt Weiß.