Politiker spotten über Zeitplan für das neue Rathaus

Erst 2016, dann 2017 — die Stadt muss von ihren Planungen immer mehr abweichen und steckt in der Sackgasse. So mancher stellt das Projekt in Frage.

Foto: Achim Blazy

Ratingen. Von einer Lachnummer will noch niemand offen sprechen. Doch Hohn und Spott sind unterschwellig hörbar — so in den Reihen der Bürger Union (BU).

Ein Ratsmitglied der Wähler-Gemeinschaft meinte vor dem Empfang des Bürgermeisters in der Stadthalle doch prompt: „Man muss sich doch nur mal das St. Marien-Krankenhaus ansehen. Dort kriegt man einen Neubau innerhalb eines Jahres hin.“ Auch wenn der Vergleich ein wenig hinkt: Das Erstaunen in Bürgerschaft und Politik ist angesichts des massiven Zeitverzugs bei diesem wichtigen Innenstadt-Projekt mittlerweile riesengroß. Und auch die Frage, warum man ein Rathaus an dieser Stelle überhaupt noch braucht, wird immer häufiger genannt.

Tenor: Das Zusammenspiel der Dienststellen funktioniert auch ohne Zentrale, das Bürgerbüro liegt gut erreichbar im Medienzentrum. Da könnte man das Rathaus-Projekt, salopp formuliert, in die Tonne kloppen.

Doch so einfach ist die Sache nicht. Die europaweite Ausschreibung für das Verfahren ist sehr komplex, am Fortbestand des alten Ratstraktes, der in die Planungen einbezogen wurde, hängen Fördergelder in Millionen-Höhe.

Mit anderen Worten: Man muss das Projekt, das mit rund 28,8 Millionen Euro veranschlagt wurde, konsequent durchziehen. Der Zeitplan ist — aus diversen Gründen — mittlerweile erheblich durcheinander geraten. Ursprünglich sollte es im Januar eine Sondersitzung des Rates geben. Doch dies wird wohl nicht klappen.

Wie Bürgermeister Klaus Konrad Pesch mitteilte, soll es noch in dieser Woche eine Vorlage zum weiteren Vergabeverfahren geben. Das habe er mit seinem Kollegen, dem Technischen Beigeordneten Joachen Kral, abgestimmt. Sollte es so kommen, dann könnte die Politik diese Ausarbeitung noch vor der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am 2. Februar beraten. Die nächste reguläre Sitzung des Rates ist am 16. Februar. Wie berichtet, wurden die beiden potenziellen Generalunternehmer (GU) nach Sichtung der Unterlagen aus formalen Gründen ausgeschlossen.

Es gibt nun zwei Möglichkeiten: 1. Man könnte ein Verhandlungsverfahren anschieben mit dem Ziel, einen der bereits ausgesuchten Kandidaten verpflichtend als GU ins Projektboot zu nehmen. 2. Das Projekt wird in Einzelausschreibungen zerlegt (ohne GU). Die zweite Lösung gilt angesichts der Größe des Bauvorhabens als unwahrscheinlich. Die BU hat das langwierige Verfahren schon vor einigen Monaten massiv kritisiert und sich damals für diesen Weg ausgesprochen: weg von der Vergabe an einen GU, hin zur eigenen Steuerung der Einzelgewerke.

Ein Vorstoß, der für großen Wirbel gesorgt hat. Pesch befand in einer ersten Reaktion auf diesen Vorschlag: „In diesem Fall müssten die Leistungsbeschreibungen umfangreich überarbeitet und für die jeweiligen Einzelgewerke spezifiziert werden.“ Eine weitere deutliche zeitliche Projekt-Verzögerung sei nicht ausgeschlossen.

Er nannte auch erhebliche Risiken und höhere Kosten, die mit einer eigenen Steuerung der zahlreichen Einzelgewerke — anstelle der Steuerung durch einen GU — verbunden wären. Für Politik und Verwaltung geht es nun darum, die Kuh irgendwie vom Eis zu kriegen. Zur Erinnerung: Ende 2016 sollte der neue Gebäudekomplex laut Ursprungsplanung schon fertig sein.