Ratingen West als Vorbild
Der Stadtteil soll richtungsweisend für die Gesamtstadt beim demografischen Wandel sein.
Ratingen. Problemstadtteil, hohe Arbeitslosigkeit und Kriminalität, perspektivlose Jugendliche: Was so alles über Ratingen West geredet wird, lässt bei manchem im Kopf das Bild eines unwirtlichen Gettos entstehen - was mit der Wirklichkeit aber über weite Strecken nichts zu tun hat.
Sicher gibt es in dem Stadtteil wegen seiner hohen Bevölkerungsdichte und großem Anteil von Menschen mit Zuwanderungshintergrund mehr und andere Probleme als etwa in Eggerscheidt oder Homberg, doch immer wieder betonen viele Westler selbst: "Wir leben gerne hier!"
Und das ist keinesfalls nur ein Schönreden nicht änderbarer Verhältnisse. Das Bochumer Forschungsinstitut "InWis" hat sich im Auftrag der Stadt zwei Jahre lang in West umgeschaut, mit Bewohnern, Experten, Schulen und Wohnungsgesellschaften gesprochen - und ist zu überraschenden Ergebnissen gekommen.
Ziel der Stadtteilanalyse sollte sein, die Auswirkungen des demografischen Wandels darzustellen und einen Maßnahmenkatalog zu erstellen - richtungsweisend für die Gesamtstadt.
"InWis" habe in West durchweg Positives gesehen und war "angenehm überrascht über den Zustand der Großsiedlung", stellt man im Planungsamt zufrieden fest. Vor allem im Vergleich zu Stadtteilen in anderen Städten vermisste das Forschungsinstitut "sich abzeichnende Problemfelder".
Im Gegenteil: Die Wohnungsvermieter verzeichnen eine gute Vermietungssituation, eine sehr hohe Nachfrage und eine hohe Wohnzufriedenheit. Problematisch würden nur die drei Scheibenhäuser gesehen.
Mit der Modernisierung sei es aber gelungen, das Himmelshaus zum größten Niedrigenergiehaus in NRW zu machen und Vorbild für eine Aufwertung des Stadtteiles zu sein. Ausdrücklich gelobt wird dabei das Engagement der LEG für die Mieter und den Stadtteil.
Bei den Seniorenwohnungen sieht es jedoch nicht so gut aus. Obwohl West als "junger Stadtteil" bezeichnet werden kann, sei mittlerweile jeder fünfte Bewohner im Seniorenalter.
Das Angebot an altersgerechten Wohnungen, an barrierefreiem, betreutem Wohnen sei nicht mitgewachsen. Daraus leiten sich die Richtlinien der Bochumer Experten in Schlagworten ab: modernes Wohnen für Jung und Alt, Nachbarschaft der Generationen sowie Imagewandel für den Stadtteil.
Für die Stadtverwaltung ergeben sich aus der Analyse konkrete Schwerpunkte: Sie soll mehr Seniorenwohnungen schaffen und das Mehrgenerationenwohnen fördern. Junge Familien sollten vor Ort gehalten beziehungsweise angeworben werden.
Vor allem die 18- bis 25-Jährigen, die jetzt eher die Siedlung verlassen, sollten gebunden werden. Dabei spielt auch die "Eigentumsbildung" eine große Rolle.
Ein Hauptziel sei außerdem, die Einwohnerzahl in West zu halten, um "dauerhaft Stabilität in das Stadtteilleben zu bringen", hat man im Planungsamt erkannt.