Reizgas verletzt 52 Schüler
Großeinsatz von Rettungsdienst und Polizei an der Gesamtschule: In einem Treppenhaus war das Gas versprüht worden. Besorgte Eltern mussten draußen warten.
Ratingen. Großeinsatz von Feuerwehr, Rettungsdienst und Polizei in der Martin-Luther-King-Gesamtschule: Vermutlich durch Reizgas in einem Treppenflur sind 52 Schüler verletzt worden. Die Feuerwehr alarmierte Rettungskräfte aus dem ganzen Kreis sowie aus Duisburg und Düsseldorf, um die vielen Verletzten behandeln zu können. Die Mensa der Gesamtschule wurde kurzerhand zum Lazarett umfunktioniert. Etliche Kinder wurden später in umliegende Krankenhäuser gebracht.
Als um 13.25 Uhr die Schulklingel zur Mittagspause läutete, stürmten wie an jedem Tag die Schulkinder aus den Klassenräumen auf den Flur nach draußen. Doch diesmal roch es im ersten Haupttreppenhaus merkwürdig. Es war vermutlich eine Reizgaswolke, die ein Unbekannter kurz zuvor dort versprüht hatte, und in die die Kinder geradewegs reinliefen. „Einige kamen hustend ins Sekretariat rein und klagten über brennende Augen“, sagte Schulleiter Michael Kreft, der sofort einen Notruf absetzte und dann in dem Flur schaute. „Da hing so ein säuerlicher Geschmack in der Luft.“
Kreft ließ das Pädagogische Zentrum sperren, alle Schüler mussten raus. Gegen 14 Uhr kam der erste Rettungswagen an der Schule an, danach wurde sofort die Alarmstufe deutlich erhöht: Massenanfall von Verletzten. Rettungskräfte aus dem ganzen Kreisgebiet, aus Düsseldorf und Duisburg wurden zur Erfurter Straße geschickt, die Mensa der Gesamtschule wurde zum Sammelort und Lazarett umfunktioniert.
Die Polizei sperrte das Gelände weiträumig ab, befragte Schüler, suchte nach Spuren. „Bisher haben wir keine Erkenntnisse darüber, was da versprüht wurde“, sagte Polizeisprecher Ulrich Löhe am Nachmittag. Vermutlich sei es aber ein Reizgas wie Pfefferspray gewesen. Die Feuerwehr sollte später Luftmessungen durchführen.
Die Versorgung der verletzten Kinder und Jugendlichen hatte zunächst Vorrang. Alle, die irgendwelche Beschwerden hatten, wurden vom Rettungsdienst untersucht. Die Sanitäter und Ärzte sichteten etwa 100 bis 150 Schüler. Wer ohne Befund war, durfte nach Hause gehen.
52 stärker betroffene Kinder mussten aber sofort behandelt werden — mit Augenspülungen, Sauerstoffversorgung, Kreislaufüberwachung und -stabilisierung. Etliche Kinder wurden später in Krankenhäuser der umliegenden Städte gebracht, teilte Lutz Peltzer von der Feuerwehr mit. Viele bräuchten auch beruhigenden Zuspruch. Peltzer: „Das ist für viele auch eine psychische Belastung: Wenn einer weint, weinen andere gleich mit.“
Unter Atemschutz öffnete die Feuerwehr die Fenster in dem Treppenhaus und stellte Hochleistungslüfter auf, um die Gasspuren zu beseitigen. Viele unverletzte Schüler mussten so lange ausharren, weil sie ihre Rucksäcke, Fahrscheine und persönlichen Sachen noch in den Klassenräumen hatten, aber vorerst nicht dorthin zurück durften.
Der Großeinsatz hat sich im Viertel und in der Elternschaft wie ein Lauffeuer verbreitet. Aufgebrachte Eltern standen am Schultor und machten sich Sorgen um ihre Kinder. Auf das abgeriegelte Schulgelände durften sie nicht. „Ich finde das unmöglich, dass wir nicht zu unseren Kinder können. Und Infos gibt es auch nicht“, empörte sich eine Mutter. Am Nachmittag kam auch Bürgermeister Harald Birkenkamp zur Gesamtschule, um sich über die Lage zu informieren.