Schöner wohnen im Denkmal
An der Schulstraße in Hilden konnte erstmals das Haus eines Malermeisters aus dem 19. Jahrhundert besichtigt werden. In Ratingen durfte man echte Schlossluft schnuppern.
Hilden/Ratingen. Durch das helle Portal an der Schulstraße 37 in Hilden kommt normalerweise nur, wer zum Landschaftsplaner will. „Salve“ — lateinisch für „Heil“, „Gesundheit“ — steht in abgezirkelten Buchstaben über der Tür, grüßt die Denkmaltouristen in Uwe Koenzens Büro.
Das 1890 errichtete Haus eines Malermeisters wurde letztes Jahr komplett saniert. Gestern war es beim Tag des offenen Denkmals der Öffentlichkeit erstmals zugänglich. „Sind oben noch welche?“, fragt Anja Koenzen. Bei mehr als 40 Gästen trotz Regenwetters versuchte sie den Überblick über drei Etagen zu behalten: „Wir haben das Haus mit Liebe hergerichtet und freuen uns, wenn sich Leute dafür begeistern.“ Ihr Mann kenne das Haus aus seiner Kinderzeit, sei gegenüber zur Grundschule gegangen.
Ihr liebstes Detail seien die alten Kacheln in der Küche, sagte Koenzen. Fast ohne Fehler läuft ein geometrisches Ornament an der Wand um, bis fast auf Brusthöhe. Eine moderne Lampe wirft dazu passende Schattenmuster auf die helle Wand.
Karin Herzfeld, Denkmalpflegerin der Stadt, zählte beinahe endlos historische Elemente auf: „Die Mosaikfliesen und die Prägetapete im Flur sind original.“ Nur die Wandfarbe habe man nicht mehr ermitteln können. Ein gebrochenes Weiß ist jetzt zu sehen: „Das passt zum Charakter des Raumes.“
Es gibt ein handgemaltes Fries in einem Arbeitsraum und an jedem Fenster Klappläden auf der Innenseite. Etwas ganz Besonderes: Eine scheinbar aus fein gemasertem Holz gearbeitete Kassettendecke besteht aus bemaltem Putz. „Das wäre vielleicht nicht mein Geschmack. Aber es ist faszinierend und wir möchten es erhalten“, erklärte Anja Koenzen.
„Wir interessieren uns für Bauten, Grundstücke und Historie“, sagten Besucher Thomas Molz und seine Frau Ingrid Lindhorst-Molz. Von der Schulstraße aus machten sich die beiden Hildener noch einmal auf den Weg durch den Regen: „Wir wollen noch ins Wilhelm-Fabry-Museum, uns die alte Kornbrennerei ansehen.“
Ortswechsel: Wer meint, dass Schlossbesichtigungen sich nur in Bayern lohnen, kennt seine Heimat nicht. Denn auch Ratingen hat mit Schloss Landsberg ein sehenswertes Gebäude.
Das heutige Schloss Landsberg geht auf eine Burg zurück, die Graf Adolf V. von Berg wohl zwischen 1276 und 1289 errichten ließ. Sie sollte die Grenze der Grafschaft gegen die Vögte der reichsmittelbaren Abteien Essen und Werden sichern. Nachdem die Burg öfter den Besitzer wechselte und schließlich zum Schloss umfunktioniert wurde — die militärische Bedeutung wurde zunehmend geringer — kaufte der Industrielle August Thyssen das Schloss für 380 000 Goldmark — sprichwörtlich für „einen Appel und ein Ei“. Heute ist das Schloss immer noch in Firmenbesitz und wird für Tagungen und Seminare verwendet.
Nachdem es von 1989 bis 1992 für 73 Millionen aufwendig restauriert wurde, kommt es dem damaligen Zustand sehr nahe. August Thyssen hatte zwei befreundete Architekten gebeten, sich um die Inneneinrichtung zu kümmern. Sie sollten sein Schloss im Stile des Historismus einrichten. Entsprechend unterschiedlich sind die Räume: Von einem gotischen Zimmer gelangt man in ein Bad, das mit seinem riesigen Marmorbecken an das alte Rom erinnert. In einem Musikzimmer bilden französische Tapete und japanische Kunst eine reizvolle Kombination.
Jedes Zimmer hat seinen eigenen Charme, ganz nach den Vorlieben des großen Industriellen. In seinen Schlafgemächern kann man unter anderem auch die Liebe zu seiner Arbeit sehen: In wertvollen, handgebundenen Büchern, gut einen halben Meter breit, hatte er immer die aktuellen Statistiken abgeheftet.
Für Besucher ist das Schloss normalerweise nicht zugänglich, außer am „Tag des offenen Denkmals“. Dann gibt es drei Führungen, die immer ruckzuck ausgebucht sind. Wer sich dieses Stück Ratinger Denkmal-Geschichte anschauen möchte, muss auf den nächsten September warten.