Teilnehmer gehen auf Zeitreise durch den Ratinger Osten

Mit der Eisenbahn kam die Eisenhütte, die „Nietenbude“.

Foto: Achim Blazy

Ratingen. Ratingen-Ost erstreckt sich von Ratingen-Schwarzbach im Süden bis hin zur Kalkbahn im Angertal im Norden. Während sich im Süden primär die Industrie angesiedelt hat, ist der nördlichen Teil mehr mit Wohnbebauung versehen. Genau durch diesen Teil ging jetzt eine Führung des Ratinger Heimatvereins. Gut 80 Leute folgten bei strahlendem Sonnenschein den Ausführungen von Georg Hellhammer und Michael Lumer, dem Vorsitzenden des Heimatvereines. Schon am Startpunkt Ostbahnhof erfuhren die Teilnehmer von dessen Bedeutung für den Stadtteil. Der Ratinger Osten bestand früher nämlich fast nur aus Gehöften.

„Als 1872 die Eisenbahn kam mit ihrer Verbindung von Düsseldorf in das Ruhrgebiet, hat sich vieles hier geändert. Entlang der Bahnstrecke siedelten sich die ersten Industriebetriebe an“, erklärte Lumer. Der erste Stopp des Rundganges wurde an der Festerstraße, vor dem ehemaligen Eingang der Eisenhüttenwerke eingelegt. Der 1890 in Düsseldorf gegründete Betrieb, der aufgrund seiner Herstellung von Nägeln, Schrauben und Nieten im Volksmund auch „Nietenbude“ genannt wurde, war einer der ersten, der sich in Ost angesiedelt hatte und blieb dort bis zum Verkauf und zur Verlagerung nach Essen in den siebziger Jahren.

Heute befinden sich auf dem Gelände diverse kleinere Geschäfte und ein Einkaufszentrum. Immer wieder zeigten Lumer und Hellhammer während des Rundganges alte Fotos, weil viele der alten Gebäude und Geschäfte mittlerweile nicht mehr existieren.

Zum Beispiel, dass die Wohnsiedlung an der Feldstraße früher auch „Schlangenloch“ genannt wurde. „Aber nicht, weil es dort Reptilien gab. Damals waren die Wohnverhältnisse sehr kümmerlich und ärmlich, und man verglich die Behausungen mit einem Schlangenloch“, erklärte Georg Hellhammer. Weiter ging es vorbei an der im Jahr 1947 gegründeten dritten Volksschule Ratingens in den ehemaligen Luna-Baracken, der heutigen Albert Schweizer-Grundschule am Fröbelweg sowie dem „Haus Salem“, das ursprünglich zur Erholung für die in Kaiserswerth arbeitenden Diakonissen diente und heute ein Alten- und Pflegeheim der Diakonie ist bis hin zur Wohnsiedlung „Auf der Aue“, die nach dem Zweiten Weltkrieg bedingt durch die Wohnungsnot von der Stadt vom Grafen von Spee als Erbpacht gekauft wurde.

Kurz vor dem Eingang ins Angertal gab es damals übrigens auch noch die legendäre Kneipe von Fritz Brinkmann. In der Kneipe traf sich seinerzeit alles was Rang und Namen hatte, vor allem die Arbeiter der damals ortsansässigen Papierfabrik Bagel am Ende des Papiermühlenwegs. Und weil Brinkmann stets besorgt um das Wohl seiner Gäste war, hatte er abends immer pünktlich um 22 Uhr die Stühle hochgestellt, so dass die Arbeiter frühzeitig nach Hause gehen konnten, um am nächsten Tag ausgeschlafen ihren Dienst in der Fabrik antreten zu können.

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