Verkehrsführung: Radler blicken nicht mehr durch
Die Stadt baut an Radwegen Schilder ab, um Radler auf die Straße zu zwingen. Doch viele nutzen die Wege weiterhin und erhalten Bußgelder. Der ADFC kritisiert das Verfahren.
Ratingen. Die Radfahrer in West — und nicht nur dort — sind sauer. Denn die Stadt hat unter anderem auf der Brandenburger, Breslauer und Erfurter Straße die blauen Schilder abmontiert, die den klar abgetrennten Bereich neben der Straße jahrelang eindeutig als Radweg gekennzeichnet haben und dessen Benutzung Pflicht war.
Grund für die nun fehlenden Schilder ist die geänderte Straßenverkehrsordnung, die seit April in Kraft ist. Sie besagt: Radfahrer gehören auf die Straße. Wer also noch die einst für teures Geld gepflasterten Radwege nutzt, riskiert unter Umständen ein Bußgeld.
Die SPD-Fraktion beantragt deshalb für die nächste Bezirksausschusssitzung, „aus Gründen der Verkehrssicherheit“ die Änderungen zurückzunehmen und den früheren Zustand wieder herzustellen.
„Ich bin von vielen Leuten schon darauf angesprochen worden“, sagt SPD-Ratsherr Joachim Galinke. Die Aufhebung der Benutzungspflicht sei in keiner Weise nachvollziehbar, zumal sie nicht im Rat beschlossen wurde. Galinke: „In der Bürgerschaft haben die Änderungen zu erheblichen Irritationen und großem Ärger geführt. Viele Radfahrer erkennen den Unsinn der neuen Regelung und missachten sie daher konsequent.“
Manche hätten schon 15 Euro Verwarnungsgeld bezahlen müssen wegen Falschbenutzung. Ein baulich erkennbarer Radweg neben der Fahrbahn in Fahrtrichtung und ohne blaues Schild darf benutzt werden, muss er aber nicht. In Gegenrichtung ist er aber tabu.
Der „ganze Irrsinn“ werde laut Galinke daran ersichtlich, dass etwa auf der Brandenburger Straße in östlicher Fahrtrichtung die Eltern auf der Fahrbahn an parkenden Autos vorbeifahren müssen, während ihre Kinder unter acht Jahren auf der gegenüberliegenden Seite den Rad-Fußweg benutzen müssen.
Besonders gefährlich werde es an der Einmündung Breslauer/Brandenburger Straße. Dort müssten ältere Kinder auf der Fahrbahn fahren, wo Autos parken.
Auch Gerhard Filgers, Vorsitzender der Ortsgruppe des ADFC (Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club), berichtet von verunsicherten und verärgerten Radlern, die bei ihm Rat suchten. „Da blickt keiner mehr durch, das ist das reine Chaos.“ Die Stadt habe die Schilder viel zu früh abgebaut. „Wie sollen die Fahrradfahrer auf die Straße, wenn es dort noch keine Markierungen gibt? Das habe ich dem Fahrradbeauftragten auch mitgeteilt“, ärgert sich Filgers.
Die Stadt hätte „klare Kante“ zeigen und auch eine Infoveranstaltung durchführen sollen. Von Verwaltung und Polizei fordert Filgers „mehr Fingerspitzengefühl“. Der Fahrradbeauftragte der Stadt, Carsten Knoch, war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.