Zweifel an Wasserschutzzonen
Bürger stellt die Einteilung der Zonen in Frage und fordert neue Gutachten. Das könnte auch Auswirkungen auf den Kanal-Tüv haben.
Ratingen. In Sachen Kanal-Tüv, also der Untersuchung der Hausabwasserleitungen auf Undichtigkeiten, haben mehr als zwei Drittel der Ratinger schlechte Karten: Sie wohnen im Wasserschutzgebiet und müssen deshalb die Abwasserrohre überprüfen lassen. Das kostet — Kosten, die Hausbesitzer auf ihre Mieter umlegen können. Bis Ende 2015 sind Häuser dran, die vor 1965 gebaut wurden. Gebäude, die danach errichtet wurden, haben eine Frist bis Ende 2020.
Für die Prüfung von privaten Abwasserleitungen außerhalb von Wasserschutzzonen gibt das Land keine Frist vor. Hier kann jede Gemeinde nach eigenem Ermessen vorgehen. Laut der Ratinger Satzung müssen jedoch alle privaten Hausanschlüsse im Stadtgebiet untersucht werden — zeitlich gestaffelt. Die Bürger-Union beantragt deshalb für die Ratssitzung am Dienstag, die Satzung zu ändern: Außerhalb der Schutzzonen soll die Prüfpflicht aufgehoben werden.
Denn die Kanalprüfung ist eine teure Sache: Je nach Umfang und Art der Untersuchung müssten pro Haus 500 bis 3000 Euro einkalkuliert werden, sagte ein Sprecher von „Haus und Grund“. Eine eventuelle Reparatur übersteigt diese Summe allerdings noch bei Weitem.
Innerhalb von Wasserschutzzonen liegen die Innenstadt, West, der nördliche Teil von Ost, Tiefenbroich, der größte Teil Lintorfs und Homberg-Nord.
Welche Schutzzonen gibt es? Sie reichen von Zone I — wie etwa rund um die Trinkwasserbrunnen der Stadtwerke an der Broichhofstraße — mit den schärfsten Auflagen bis zur Zone III B, die für den größten Teil des Stadtgebiets festgelegt wurde. Beim Tiefbauamt der Stadt gehen ständig Anfragen von Bürgern ein, die wissen wollen, ob und in welcher Zone ihr Haus liegt. Auf die Kanalprüfung hat das nach dem heutigen Stand aber keine Auswirkung — Schutzzone ist Schutzzone.
Aber wie korrekt sind eigentlich diese Einteilungen? Diese Frage hat sich WZ-Leser Rainer Möllering gestellt und sich Karten und Gutachten im städtischen Umweltamt zeigen lassen.
Ihn verwundert dabei vor allem mancher Grenzverlauf. So würden die Grenzen zwischen der Zone IIIA und der weniger strengen Zone IIIB genau entlang der belasteten Grundstücke ehemaliger Industriebrachen wie Spiegelglasfabrik oder Calor-Emag verlaufen — „als ob das Grundwasser diesen Bereich vermeiden wollte“, schreibt Möllering.
Seiner Ansicht nach sollte die Stadt ein alternatives Gutachten erstellen und prüfen, „ob die Schutzzonen nicht stark verkleinert werden können und ob der Südosten zurecht ausgeschlossen ist.“ Tausende Hausbesitzer seien sonst wegen „zweifelhafter Gutachten“ zu teuren Prüfungen gezwungen.
Manfred Kessel, städtischer Umweltexperte, kann Möllering wenig Hoffnung machen: „Die Geologie in Ratingen ist sehr diffizil.“ Weite Teile des Stadtgebietes stehen auf Felsenuntergrund, und dort fließe das Grundwasser nicht geradlinig in Richtung Rhein, sondern „in Klüften hin und her.“ Für eine neue Untersuchung gebe es „keine Veranlassung“, sie werde auch „keine neuen Ergebnisse bringen.“