Casting: Es kann nur eine Pippi geben

50 Schauspielerinnen sprachen gestern im Stadttheater für die Hauptrolle bei den Sommerspielen vor. 400 hatten sich beworben.

Ratingen. 50 junge Frauen sitzen im Stadttheater. Manche ganz entspannt, andere haben die Fäuste zwischen die Knie geklemmt. Was mag wohl kommen? Ganz vorn sitzt Ralph Reiniger. Mit fester Stimme ruft er: "Tragt Euch in die Listen ein. Ich sage, wann Ihr dran seid."

Spannung liegt in der Luft. Ganz so, wie vor einer Prüfung. Und genau so ist es ja auch. Nur, dass eine Prüfung im Theater "Casting" heißt. Dabei sprechen Schauspieler für Rollen vor. Auch das Theater Concept, das hinter den Ratinger Sommerspielen auf der Freilichtbühne am Blauen See steht, sucht seine Darsteller per Casting. In diesem Jahr steht Pippi Langstrumpf auf dem Programm. Gestern war man auf der Suche nach der Titelrolle Pippi.

"Sie ist eine spannende Person, alle lieben sie, sie darf alles", beschreibt Lars Arend vom Theater die Faszination der Kinder-Heldin. Doch das alleine macht die Hauptperson des Open-Air-Theaters nicht aus. Das wissen auch die Bewerberinnen aus ganz Deutschland. Daher wechseln sie vom Zuschauerraum in die Umkleiden. Das Ziel: umziehen, schminken - aussehen wie Pippi. Dafür haben sie alle ihre Fantasie spielen lassen.

Zum Beispiel Janine Tietze. Noch ist die 24-Jährige ganz locker. "Man macht diesen Beruf, um auf der Bühne zu stehen. Das Casting gehört dazu." Die Berlinerin trägt eine Latzhose, geringelte Socken und bunte Stulpen über den Armen. "Hauptsache Farbe", sagt sie. Mit der Freundin hat sie tags zuvor noch Kleiderschränke durchwühlt.

Überhaupt ist es bunt in der Umkleide: Kittelschürze und Stiefel, grün zu knallgelb, abstehende Zöpfe und dicke Sommersprossen - alles ist erlaubt. Julia Casper (26) zieht sogar Schuhe in Größe 45 aus dem Koffer. Ihre Ringelstrümpfe befestigt sie mit Strapsen. "So ’was hat Pippi im Film auch an. Ich habe nochmal nachgeguckt."

Die Darstellerinnen sind Profis. Ein aus TV und Film bekanntes Gesicht ist in diesem Jahr aber nicht dabei. Im vergangenen Jahr hatte Fritzi Eichhorn ("Das doppelte Lottchen") die Ronja Räubertochter gespielt. "Aber wir haben viele interessante Bewerberinnen dabei", so Arend. Immerhin: 400 aus ganz Deutschland hatten sich beworben.

Julia Casper ist die Nächste. Mit ihren großen Schuhen schlappt sie auf die Bühne. Ralph Reiniger fordert sie: Handstand, Purzelbaum, Radschlag - die Ratinger Pippi muss akrobatisches Geschick haben. Und die Kommentare eines Regisseurs können unerbittlich sein. "Du nöhlst mir zu sehr", sagt er. Doch schiebt er bei solchen Spitzen immer ein Lob hinterher. "Tolle Idee, das mit den Schuhen." Ein Pluspunkt.

Im Foyer reißt die Spannung nicht ab. Janine Tietze hat sich den Text auf den Schoß gelegt, geht ihn noch mal durch. Andere überlegen: Pippi - was bedeutet die für sie? "Für mich ist es ein Kindheitstraum, einmal Pippi zu spielen", sagt Sarina Schnize (25).

Bis in den Abend wurde Darstellerin um Darstellerin auf die Pippi-Probe gestellt. "Eine von uns wird es", sagt Julia Schatz (24) aus Berlin. Wer genau, das entscheidet sich erst in der nächsten Woche. . .