Der Retter schöner Bücher
Buchbindermeister Michael Rönsberg hat seine Werkstatt nach Langenberg verlegt. Seit fast 50 Jahren übt er sein Handwerk aus — und ist nach wie vor fasziniert davon.
Langenberg. „Ganz einfach — ich bin hier, weil Langenberg die Bücherstadt ist“, sagt Michael Rönsberg (64). Seit fast 50 Jahren dreht sich das Leben des Buchbindermeisters um beschriebene Seiten aus Papier.
Ende vergangenen Jahres hat er Wuppertal verlassen und seine neue Heimat in Langenberg gefunden. Dort arbeitet er an drei Tagen in der Woche in einer ehemaligen Druckerei.
Nach wie vor übt die Arbeit eine große Faszination auf Rönsberg aus. Wer beobachtet, wie er mit den Händen über einen Ledereinband streicht oder vorsichtig die Seiten eines alten Buches aufschlägt, sieht das.
„Ich finde das Handwerk sehr schön. Man kann als Buchbinder etwas für die Zukunft schaffen“, sagt er dann. Rönsbergs restaurierte Bücher halten mindestens eine Generation lang.
Der Werktisch ist voller Bücher. Manche sind neuer, manchen sieht man ihre lange Geschichte an. Schön findet Rönsberg sie irgendwie alle: „Jedes Buch lebt und ist für mich ein Original“, sagt er.
Nur seien manche halt besonders schön. Oder auch wertvoll. Zum Beispiel „Schmidlin’s Blumenzucht“ von 1875, das Rönsberg gerade bearbeitet. Der historische Naturführer ist mit vielen hochwertigen Zeichnungen geschmückt.
Das älteste Buch, das Rönsberg restauriert hat, war ein handgeschriebenes Gebetbuch mit Psalmen von 1476.
Zum Vergleich: Erst um 1452 hatte Johannes Gutenberg erfolgreich ein Buch gedruckt. Bei solchen Exemplaren wünscht sich Rönsberg manchmal mehr Zeit, um die Bücher genauer studieren zu können: „Es ist ein tolles Gefühl, eine Verbindung zur Geschichte. Manchmal wünsche ich mir, die Bücher könnten erzählen. Sie haben ja eine Menge erlebt.“
Im Regal über dem Arbeitstisch stehen allerlei beschriftete Schachteln. „Filmoplast“, „Heftzwirn“ oder „Zeichenband“ steht darauf. Das Filmoplast ist säurefreies Klebeband, mit dem Heftzwirn werden die Bücher genäht und das Zeichenband ist ein Zierbändchen, an dem das Lesezeichen hängt. Auf Flohmärkten sucht sich Rönsberg Material für neue Einbände zusammen. Dort kauft er gut erhaltene Bücher auf und verwendet deren Einbände weiter.
Rönsbergs „Patienten“ haben es meistens am Rücken. Dort sind die Bücher empfindlich. Sie werden umgeknickt und fleddern aus. Besitzer legen selbst Hand an und verkleben das Buch mit säurehaltigem Klebeband.
Wird das Werk schließlich zu Rönsberg gebracht, beginnt knifflige, zeitaufwendige Handarbeit. Die Restauration kann bis zu einem Vierteljahr dauern. Aber Rönsberg repariert nicht nur. Er macht auch Notiz- oder Tagebücher selbst.