Diese Taufe kommt ohne Kirche aus
Pfarrer Detlef Gruber von der evangelisch- reformierten Gemeinde leitete den Gottesdienst unter freiem Himmel in der Kita „Kinderreich“.
Neviges. Eine Taufe unter freiem Himmel im Kindergarten — das gab es noch nie bei der evangelisch-reformierten Kirchengemeinde. „Durch den Wegfall des Gemeindezentrums Siepen haben wir uns neue Formen des Taufgottesdienstes überlegt“, stellt Presbyterin Dietgard Reith fest, die weiß, dass es für eine Familie einen großen Stress bedeuten kann, am Sonntagmorgen pünktlich um 10.15 Uhr in der Stadtkirche mit den kleinen Kindern zu erscheinen. „Da sind wir auf den Samstagnachmittag gekommen“, sagt sie.
Das Taufbecken aus der Stadtkirche wurde neben dem Sandkasten des „Kinderreichs“ aufgestellt, der Kindertagesstätte auf dem Berg gegenüber des Gemeindehauses an der Siebeneicker Straße. Kita-Leiterin Silke Angenendt fand die Idee von Gemeinde und Pfarrer ganz gut, in ihrem Haus eine Taufe vorzunehmen und unterstützte das Vorhaben.
Ein Tisch mit einer weißen Decke und Kerze sowie ein Kreuz geben einen bescheidenen sakralen Rahmen. Die Familien der drei Täuflinge haben es sich, so gut es geht, auf Bierzeltbänken bequem gemacht. Immer mal wieder geht der Blick nach oben, dunkle Wolken lassen befürchten, dass es einen unerwünschten Segen von oben geben könnte, der dann aber doch ausbleibt. Pfarrer Detlef Gruber ist trotz seiner schwarzen Amtsrobe locker drauf.
Kathryn und Tobias Nickel, Eltern eines Täuflings
Er hat selbst Bilder gemalt, die Figuren auf einer Kutsche zeigen. Die anwesenden Kinder helfen bei der Auswahl der Bilder, die für alle sichtbar an eine Stellwand geklebt wurden und den Sinn deutlich werden ließen. Es handelte sich um den Weg zur Taufe, nachempfunden aus der biblischen Apostelgeschichte, in welcher der Schatzmeister der äthiopischen Königin beim Lesen der prophetischen Schriften Hilfestellung durch Philippus erhielt, der ihn beim nächsten Gewässer taufte.
So eingestimmt ließ Pfarrer Gruber das Wasser über das kleine Köpfchen von Noah Alexis Hoppe rinnen. „Es ist wichtig, dass den Kindern eine Richtung vorgegeben wird“, finden die Eltern Daniela und Dennis Hoppe. Der sechsjährige Jovan-Luis Nickel schaut aufmerksam zu, wie bei mittlerweile strahlendem Sonnenschein der Geistliche das Wasser aus dem Taufbecken auf dem Kopf seines eineinhalbjährigen Bruders Jake schöpft. Anschließend lässt er selber die evangelische Amtshandlung über sich ergehen.
„Wir möchten, dass die Kinder die christlichen Werte erkennen und danach leben“, wünschen sich Kathryn und Tobias Nickel. Während die Wassertropfen auf den Haaren der Täuflinge trocknen, beginnen im Hintergrund die Vorbereitungen für das Fest: In der großen Pfanne brutzeln bereits die ersten Nackensteaks, Salate und Brot werden bereitgestellt. Nach dem letzten Lied kommt eine gewisse Unruhe auf, die Bänke werden umgestellt und Tische aufgestellt, die Feier geht unmittelbar vom offiziellen in den gemütlichen Teil über.