Gemeindezentrum wechselt den Besitzer
Die Evangelisch-reformierte Gemeinde trennt sich noch in diesem Jahr von dem Gebäude in Siepen. Eine Jugendhilfeeinrichtung zieht ein.
Velbert. Die Evangelisch-reformierte Kirchengemeinde wird das Gemeindezentrum Siepen noch in diesem Jahr an die Jugendhilfe Lohmühle verkaufen. Diese Entscheidung wurde gestern Mittag nach dem Gottesdienst in der Stadtkirche im Rahmen einer Gemeindeversammlung vorgestellt. Bereits vor einem Jahr wurde die Gemeinde mit der Notwendigkeit konfrontiert, dass sich man sich aus finanziellen Gründen von einem Teil des Gebäudebestands trennen muss. „Das Ziel ist, allen Gruppen und Kreise, die es gibt und die eventuell neu hinzukommen, ein Gebäude zu geben“, so Pfarrer Detlef Gruber. „Es geht dann sicherlich nicht mehr so luxuriös zu, aber es ist so, das Räumlichkeiten leer gestanden haben.“
Nicht zum Verkauf standen neben der gerade frisch renovierten Stadtkirche der Kindergarten und die Siebeneicker Straße 30, das Haus am Friedhof mit dem Blumengeschäft. Ein Arbeitskreis, der 20 Mal sehr intensiv tagte, ermittelte den Raumbedarf aller Gruppen und Kreise, ein Projektplaner mit architektonischem Sachverstand wurde zurate gezogen. In enger Abstimmung mit dem Kirchenkreis und zur Wahrung der Neutralität wurde ein Immobilienmakler eingeschaltet. „Fast 30 Besichtigungen haben stattgefunden, fast die Hälfte im Pfarrhaus in der Stadt. Das Haus hat einen Renovierungsstau, deshalb gab es keine ernstzunehmenden Interessenten“, teilte Olaf Braß mit.
Überrascht waren der Baukirchmeister und der Arbeitskreis, dass niemand das denkmalgeschützte Gebäude am Kirchplatz 5 haben wollte. „Ein richtiger Garten fehlt und das Haus ist wegen des Parkverbots auf dem Kirchplatz schlecht zu erreichen, wir haben es aus der Vermarktung genommen und überlegen, was wir weiter damit machen“, so Braß. Drei Interessenten gab es für das vor zehn Jahren renovierte Haus Siebeneicker Straße 7, drei Interessenten schauten sich im benachbarten Gemeindehaus um.
„Einen besonders ernstzunehmenden Interessenten gab es für das Gemeindezentrum Siepen, die Verhandlungen sind im Prinzip abgeschlossen“, verkündete Presbyter Braß. „Das Ehepaar Röhrig, das im Rahmen der Jugendhilfe das Kinderhaus Lohmühle betreibt, hat uns angeboten, die Kirche weitgehend so zu belassen und dass wir sie für besondere Gottesdienste wie an Heiligabend, für Schulgottesdienste und den Konfirmandenunterricht weiter nutzen können. Allerdings müssten die dort stattfindenden Bastel-, Literatur- und Seniorenkreise ins Gemeindehaus umziehen.“
Annika und Tobias Röhrig stellten ihr Kinderhaus vor, das sie vor acht Jahren auf dem Lohmühler Berg gründeten und in dem neun Kinder wohnen, die aus verschiedenen Gründen nicht in der eigenen Familie mehr leben können. Anfang des Jahres nahm das Kinderhaus am Steinweg den Betrieb auf, wo weitere sechs Kinder und Jugendliche professionell von Erziehern betreut werden.
„Im Gemeindezentrum könnten drei Gruppen, betreut von 16 Vollzeitpädagogen, unterstützt von hauswirtschaftlichen Kräften, betreut werden“, so das Ehepaar Röhrig. „Es ist uns sehr bewusst, was es bedeutet, wenn das Gemeindezentrum wegfällt.“ Tobias Röhrig versetzt sich in die Lage der Bewohner des Siepen, und bietet an, das zusätzlich in dem Kirchenraum kulturelle Veranstaltungen stattfinden, ansonsten stellt er sich vor, dass dort die Mitarbeiter zu Konferenzen und Fortbildungen zusammen kommen.
Die Eigentumsübergabe soll zwischen den Sommer- und Herbstferien dieses Jahres stattfinden. Finanziert wird die Einrichtung durch die Jugendämter der Städte, die bei bestimmten familiären Konstellationen keine andere Wahl haben und Kinder dort versorgen lassen müssen.
Die Reaktion der Gemeindemitglieder fiel unterschiedlich aus, von „gänsehäutig wunderbar, wenn das Gottes Wille ist“ bis zur Befürchtung, dass der Stadtteil ausblutet. Baukirchmeister Braß ist glücklich, dass die Kirche nicht abgerissen wird und dass dort noch zehn Jahre lang Gottesdienste abgehalten werden können. „Andere Interessenten wollten alles platt machen und Altenwohnungen bauen.“ Die Pfarrerin des Gemeindezentrums Siepen ist davon überzeugt, dass durch die Vereinbarungen mit dem neuen Besitzer die Gemeinde trotzdem mit den Familien vor Ort verbunden bleibt. „Wir müssen eine neue Struktur finden, wie die Kirche zu den Menschen kommt, weil die Menschen nicht mehr in die Kirchen kommen“, fordert Stefanie Stute und verspricht, die Gemeindemitglieder bei dem Abschied zu begleiten: „Es wird Tränen und Kraft kosten, aber wir werden es schaffen.“