Grabsteine müssen sich standhaft zeigen

Einmal im Jahr muss der Friedhofsgärtner testen, ob die schweren Grabmale sicher sind.

Foto: Dietrich Janicki

Wülfrath. Die Gerätschaft sieht vollkommen unspektakulär aus und hat doch eine wichtige Aufgabe: der Standfestigkeitsprüfer. Ein Mal im Jahr zieht Friedhofsgärtner Jan Meyburg mit dem mannshohen, spindeldürren weißen Teil über das Areal an der Alten Ratinger Landstraße. „Jedes Grabmal wird einzeln überprüft.“ Denn das Grabmal ist ein Bauwerk. Friedhofsverwaltung und Besitzer teilen sich die Haftung, erklärt der 35-Jährige, der seit 2014 bei der Stadt beschäftigt ist. „Denn wenn ein Stein umfiele, wäre die Frage, wer dafür die Kosten übernimmt“, sagt der Friedhofsgärtner „Die Verwaltung muss die Verkehrssicherheit herstellen“, ergänzt Bärbel Balzer, Mitarbeiterin der städtischen Friedhofsverwaltung. Die ist wichtig für alle Besucher sowie die dort arbeitenden Gärtner.

Schlagzeilen wie aus Pennsylvania in den USA, wo ein 74-Jähriger beim Blumengießen vom Grabstein seiner Schwiegermutter erschlagen wurde, will man sich ersparen. Und weil jedweder Grabstein mit Zement und Mörtel fachmännisch gesetzt wird, sich aber durch sogenannte Frostsprengungen etwas am Grabmal ändern könnte, kommt besagter Standfestigkeitsprüfer zum Einsatz. „Zwei Tage brauchen wir, um alles zu checken“, erklärt Jan Meyburg über die Arbeit, die er zusammen mit seinem Kollegen und Stellvertreter Tobias Kemmerling absolviert.

Die Prüfung erfolgt mit der Gebrauchslast von 300 Newton, was einem Gewicht von etwa 30,5 Kilogramm entspricht. Es wird natürlich nicht an einer x-beliebigen Stelle gemessen, sondern auch hierfür werden die geltenden Vorschriften exakt befolgt. „An der Oberkante des Grabmals ab einer Höhe von 0,50 Meter, jedoch bis maximal 1,20 Meter über Fundamentoberkante“, heißt es unter Ziffer 2.5 TA Grabmal, Ausgabe Juli 2012.

Die Friedhofsgärtner werden für diesen Grabmalcheck übrigens regelmäßig geschult und zertifiziert. „Die letzte Fortbildung war im vergangenen Jahr hier bei uns zusammen mit Kollegen anderer Städte in unserer Friedhofskapelle.“ Um willkürliche Zerstörung der Grabsteine zu vermeiden, darf die Prüfung nicht ruckartig vorgenommen werden. Die umgangssprachliche Rüttelprobe gibt es also nicht. Anstelle dessen wird kontinuierlich bei einer definierten Prüflast in einem Zeitraum von mehr als zwei Sekunden besagter Stein mit Druck geprüft.

Ungefähr 370 Steine auf 370 Gräbern — also vertikal stehende Elemente, liegende Grabplatten bleiben unberücksichtigt — gilt es, nach ihrer akribisch geführten Grabmalliste zu überprüfen. „Das dauert zwei Tage, denn irgendwann lässt die Kraft nach.“ Meist sind es maximal eine Hand voll Grabmale, die beanstandet werden. „Das wird unmittelbar an die Inhaber übermittelt“, per Post. Kniffelig wird es nur dann, wenn erst ermittelt werden muss, wer für die Pflege des Grabes verantwortlich ist. „Da ist schon mal Detektivarbeit nötig, um beispielsweise Verwandtschaft ausfindig zu machen.“

Parallel dazu wird ein knallgelber Aufkleber an die betreffende Stelle platziert. „Vorsicht, Unfallgefahr!“ ist darauf zu lesen, Prüfdatum plus Unterschrift des Prüfers inklusive. Drei Wochen hat der Besitzer, den Wackelstein vom Fachmann, also Steinmetz, nach gelten Regeln wieder instandsetzen zu lassen.