Harsche Kritik an VMG und Stadt
Die Mitglieder des BV Hardenberg nutzten den monatlichen Gesprächstreff, um ihrem Ärger über Leerstandsmanagement Luft zu machen.
Neviges. Ungewöhnlich viele Mitglieder kamen zum monatlichen Gesprächstreff des Bürgervereines Hardenberg-Neviges. Es ging um das leidige Thema Leerstände, zu dem Olaf Knauer von Velbert Marketing und Wilfried Löbbert von der Wirtschaftsförderung Stellung nehmen sollten. Letzterer ließ sich wegen Krankheit entschuldigen. „Dazu habe ich meine eigene Meinung“, bemerkte ein etwas verstimmter Vorsitzender August-Friedrich Tonscheid.
Olaf Knauer, Velbert Marketing
„Neviges als Wallfahrtsstadt, dazu Wandern, Schloss Hardenberg und das gesellschaftliche Leben, das alles wird vernetzt entwickelt“, so Olaf Knauer zu der Konzeption des integrierten Handlungskonzeptes, dessen Projekte und Maßnahmen bald den politischen Gremien vorgestellt werden.
Bevor der Referent auf die Details des Leerstandsmanagements zu sprechen kam, erläuterte er die Zukunft der Innenstädte: „Die Leute gehen nicht dahin um einzukaufen, sondern, weil sie Freizeit haben, alles andere kann ich schnell mal einkaufen. Wie krieg ich die Leute in die Stadt? Durch spezielle Angebote, durch Sauberkeit, eine wunderbare Gastronomie und kulturelle Sachen — das Einkaufen nehme ich als ,Add on’ so nebenbei mit.“ Knauer räumte ein, dass ein Brautmodengeschäft und Hörgeräteladen nicht das ist, was sich die Nevigeser wünschen. „Aber es ist ein Zeichen, dass sich Neviges nicht so stark im Abwärtstrend befindet.“
Knauer konnte kein Datum nennen, wann der Discounter Netto sein Geschäft im ehemaligen Rewe-Laden eröffnet. „Die Vermieterseite hat zugestimmt, jetzt muss sich nur noch Netto entscheiden. Auch bei Rossmann ist man mit Interessenten im Gespräch.“
Die Erhebung der freien Ladenlokale, die Ansprache der Eigentümer, die teilweise sehr alt sind oder außerhalb leben, sind Aufgaben des Leerstandsmanagements und schwierig. „Eigentümer können darüber ihre Immobilien vermarkten. Doch häufig spielen sie nicht so richtig mit, große Ketten du Dienstleister sind schwer zu vermitteln“, so Knauer.
„Wo ist das Leerstandsmanagement?“, fragte ein erstaunter Zuhörer und Besitzer dreier Ladenlokale. „Ich habe in 14 Jahren noch nie Unterstützung erlebt.“ Thomas Bellers wurde noch deutlicher: „Seit 20 Jahren hat Herr Löbbert hier nichts getan.“ Der Apotheker und Vorsitzende der Werbegemeinschaft Neviges wünscht sich eine Professionalisierung der städtischen Akquise und fügte hinzu, dass die großen Zentren die Innenstadt kaputtmachen.
„Der Bürgerverein wird diesen Baum schütteln. Ich hoffe, da wird jemand wach“, gab Friedrich-August Tonscheid dem Referenten auf den Weg und regte sich über die Gemächlichkeit der Verwaltung auf: „Seit fünf Monaten warten wir darauf, dass im Bereich der Sparkasse mehrere zusätzliche Parkplätze geschaffen werden. Damals sollte das alles sehr schnell gehen, wie es man im Bezirksausschuss darstellte.“ Dieter Scholten plädierte dafür, verstärkt vor Ort zu kaufen. Er sagt: „Die Händler gehen weg, weil hier nicht genug gekauft wird.“
Martina Bellers kritisierte den Wunsch von Olaf Knauer, Spezialisten nach Neviges zu holen wie einen Spanier mit Schinken und Wein. „Das ist ja schön, aber es fehlen Geschäfte der Grundversorgung.“ In der Aussprache beklagten sich die Bürgervereinsmitglieder nicht nur über unterschiedliche und damit verwirrende Öffnungszeiten der Geschäfte, sondern auch die kurze Dienstzeit des städtischen Servicebüros. Ein Kommentar lautete: „Das ist schließlich auch ein Frequenzbringer.“ Eine andere Zuhörerin stellte resigniert fest, dass sich der Einzelhandel zunehmend mit den gelben Autos abspielt, deren Fahrer die im Internet bestellten Waren zu den Bürgern bringen.