Im Rahmen des „Tag der Städtebauförderung“ lockte die Stadt Velbert interessierte Bürger an, die sich über zukünftige Planungen informieren ließen. Interessierte Bürger informierten sich über das Herrenhaus
Neviges · Interessierte Bürger erhielten Einblicke über die „Offene Baustelle“ rund um das Schloss Hardenberg.
„Wenn früher Kunstausstellungen im Schloss eröffnet wurden, stand es am anderen Tag in der FAZ“, erinnert sich Rolf Krüger an die Glanzzeiten des Herrenhauses, als die dortigen Veranstaltungen überregionale Beachtung fanden. „Jetzt wollen wir mal sehen, was mit unserem Geld so gemacht wird“, ist Brigitte Höhn neugierig.
Die beiden reihen sich in die große Traube ein, die sich vor dem Schloss versammelt, um sich im Rahmen des Tags der Stadtebauförderung über die Sanierung des Nevigeser Wahrzeichens zu informieren. Rainer Helfers, der ehemalige Leiter der Velberter Denkmalbehörde, kennt das Objekt sehr gut und tauchte tief in die Geschichte ein: „Der Stammsitz der Herren von Hardenberg war die Höhenburg.
1496 verlegeten sie für 800 Thaler ihre Burg ins Tal. Die Erschließung und Versorgung dort im Tal war besser. Es gab aber einen Nachteil: Weil es links und rechts Höhen gab, mussten sie sich verteidigen, deshalb die Wehranlage mit den Türmen.“
Es handelte sich beim Schloss nicht um ein Gebäude aus einem Guß, aber mit einem für damalige Verhältnisse großen Konfort: „Jeder Raum hatte einen Großkamin, es gab Aborterker in der Wand. Die haben wir erst entdeckt, als wir den Putz abgetragen hatten“, berichtet Rainer Helfers aus seiner Amtszeit.
Der mehrfach erweiterte Ursprungsbau wurde um 1680 zu seinem barocken Chararkter mit Mansarddach umgebaut, die Vorburg entstand als Wirtschaftsgebäude. „Die Mauern der Wehranlage gingen bis zum Kegeldach der Wehrtürme“, so Rainer Helfers und macht die Zuschauer auf die zugemauerten Türen aufmerksam, die zu den Wehrgängen führten. „Wir haben allerdings einen Raum entdeckt, für den wir uns keine Nutzung erklären können“, gibt sich der Kenner ratlos. „Da war vielleicht der Kerker“, so der Einfall eines Zuhörers. „Auch dafür gab es keine Erklärung.“
Als Corinna Cardaun vom Dortmunder Büro Lindner-Lohse Architekten begann, über die Zukunft des Schlosses zu reden, machte sich Monika Hülsiepen ihrer Enttäuschung Luft: „Ich dachte, wir könnten rein!“ „Baustellen mit einer großen Gruppe zu besichtigen ist immer eine besondere Herausforderung. Ich werde ihren Wunsch der Stadt antragen“, so die Architektin, die auf die künftige Nutzung des Herrenhauses als Naturerlebniszentrum kam. „Ein Denkmal kann nur weiterleben, wenn es genutzt wird“, stellte sie klar und führte die Besucher zu dem künftigen Standort für den viel diskutierten Treppenturm an den Nordeseite.
„Wenn wir das Denkmal in Nutzung bringen wollen, müssen harte Fakten, wie Brandschutz und Rettungswege beachtet werden. Das hölzerne Treppenhaus ist als zweiter Rettungsweg nicht zu nutzen. Hier ist der einzige Punkt, um West- und Ostflügel mit allen Ebenenversprüngen zu erreichen. Im Burggraben wird ein Neubau traufhoch errichtet. Wir haben lange über die Materialität nachgedacht, denn das Material darf dem Herrenhaus nicht die Schau stehlen. Es wird ein Ziegelbau ohne Lochfenster, weil jeder Fenstergliederung Aufmerksamkeit auf sich zieht. Mit einem Netzmauerwerk wird Durchlässigkeit für Licht erzielt.“
Die Architektin verdeutlicht, dass man in den 50er Jahren nicht so sensibel mit alter Bausubstanz umging: „Da wurde im Rittersaal die alte Holzdecke rausgerissen und durch Stahl ersetzt.“ Der Treppenturm, der über einen Aufzug verfügt, wird barrierefrei alle Bereiche erschließen, beginnend am Keller mit WC und Garderoben. Die Kasematten bezeichnet Corinna Cardaun als „unheimlich wertvoll“, die jedoch nicht frei zugänglich sein werden: „Die Stadt plant dort Führungen.“
Mitte 2026 soll alles fertig sein. Die Ostseite des Herrenhaus ist für die Bauexpertin besonders spannend, sie weist auf die erkennbaren Reste von Fenstern unter dem Putz hin. „Das ist ein Vorspritzputz, der wurde aufgebracht, um die Fugen zu schützen“, erklärt Rainer Helfers.
„Der Farbton der Außenfassade wird durch eine Bemusterung entschieden“, so Corinna Cardaun: „Es wird bestimmt nicht ein Grauton sein.“ Der Mühle, die künftig eine Gastronomie mit Außenterrasse beherbergen wird, bescheinigte sie eine schlechte Bausubstanz: „Es ist nicht so, wie es aussieht.“ Immerhin soll der Mühlstein, der sich einem der Türme befindet, dort wieder zu sehen sein.