Jochen Busse setzt sich für Obdachlosen-Projekt ein
Für das Projekt, das bereits in zehn Städten zu Gast war, konnte Schauspieler und Kabarettist Jochen Busse gewonnen werden.
Velbert. Sie tragen ihr Hab und Gut in Plastiktüten mit sich, belagern Parkbänke und schlafen in Hauseingängen. Auf den Pappschildern, mit denen sie sich in der Fußgängerzone präsentieren, steht „Ich habe Hunger“. Drogen und Alkohol bestimmen ihr Leben — und Zurückweisung.
Klischees über Obdachlose sind bildkräftig, aber auch nur ein Teil der Wahrheit. Am Samstag lädt die Diakonie im Kirchenkreis Niederberg zu einem Benefizkonzert in die Christuskirche ein: Die „Velberter Winterreise“ soll die Besucher „emotional ansprechen, um daraus eine Verantwortung für die Belange der Wohnungslosen herbeiführen zu können“, sagt Diakonie-Geschäftsführer Werner Starke.
Für das Projekt, das bereits in zehn Städten zu Gast war, konnte Schauspieler und Kabarettist Jochen Busse gewonnen werden. Er wird die Lebensentwürfe von zehn wohnungslosen Menschen aus Velbert rezitieren, die aus Interviews entstanden. Dazu präsentieren drei Sänger und das Matthäusquartett Frankfurt den Liederzyklus „Winterreise“ von Franz Schubert, begleitet von Klavier und Orgel.
Die lyrischen Zeilen des Komponisten gehen dabei eine Korrespondenz mit den Geschichten der Wohnungslosen ein — bei Schubert ein Mann, der sich nach enttäuschter Liebe auf eine ziellose Reise begibt, bei Busse sozial ausgegrenzte Einzelgänger, „die sich die Frage stellen, ob es überhaupt etwas wie Zukunft für sie gibt“, sagt der 71-Jährige.
Jochen Busse kann die Nöte der Obdachlosen nachvollziehen: Er verließ die Schule kurz vor dem Abitur, um nach München zu gehen und Schauspieler zu werden, lebte dort aus dem Koffer („Möbel hatte ich nicht“) und war als Lagerarbeiter und Autowäscher tätig, um sich über Wasser zu halten.
„Die Existenz nicht gesichert zu haben, hat mich sehr geprägt und mir eine Existenzangst eingebracht, die ich bis heute nicht losgeworden bin.“ Ihm sei bewusst, „dass alles, was man heute noch zusammengetragen hat, morgen schon wieder weg sein kann.“ Trotz der Karriere auf der Bühne und im Fernsehen zeige sich diese Sorge selbst noch im Alter: „Es ist die Angst, berufsunfähig zu werden. Dass man nicht mehr fähig ist, Texte zu lernen und zu behalten.“