Sechs Jahre Haft für 24-Jährigen
Der Wülfrather, der im April einen 27-Jährigen durch einen Messerstich lebensgefährlich verletzt hatte, wurde am Montag wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt.
Wülfrath/Wuppertal. Immer wieder schaute der 24-Jährige mit leerem Blick an die Decke des Gerichtssaales oder zu seinen Verwandten. Emotionen ließen sich einzig an seinen Augen ablesen — dort hatten sich Tränen gesammelt.
Die Fünfte Große Strafkammer des Wuppertaler Landgerichts hatte den Wülfrather soeben zu einer Haftstrafe von sechs Jahren verurteilt. Die Richter unter Vorsitz von Robert Bertling sahen es als erwiesen an, dass der Angeklagte einem 27-Jährigen im Streit ein Messer in die Brust gerammt und diesen dadurch lebensgefährlich verletzt hatte.
Im April vergangenen Jahres hatte der 24-Jährige die Wohnung an der Mettmanner Straße aufgesucht, in der sich das spätere Opfer befand, stellte Bertling in der Urteilsverkündung fest. Zuvor hatte der Wülfrather im Stadtpark Alkohol getrunken — ein Bluttest ergab 1,6 Promille. Der 27-Jährige wiederum war obdachlos, hielt sich aber seit mehreren Wochen an der Mettmanner Straße auf. Dort wurden regelmäßig Drogen konsumiert. „Ob auch verkauft, wissen wir nicht“, sagte Bertling.
Sicher sei, dass die beiden an jenem Abend in Streit gerieten. Worüber, blieb in der Verhandlung jedoch unklar — möglicherweise hatte der Täter dem 27-Jährigen vorgeworfen, seinem Bruder Betäubungsmittel verkauft zu haben. Der Streit eskalierte.
„Der Täter griff nach einem Messer, das auf dem Tisch lag, und stieß es dem Opfer in die Brust. Das Opfer hat nicht angegriffen“, sagte Bertling. Die Aussage des Angeklagten, er sei angegriffen worden und habe in Notwehr gehandelt, sah das Gericht nicht als glaubhaft an. Für das körperlich unterlegene Opfer habe es kein Motiv gegeben, anzugreifen.
Entscheidend für die Urteilsfindung war aber laut Bertling, dass der 24-Jährige, als er von der Polizei aufgegriffen wurde, eine spontane Aussage gemacht habe, die nicht nachvollziehbar sei. Nach Darstellung des Wülfrathers hatte ihn der 27-Jährige unvermittelt mit einem Messer angegriffen, die Waffe sei dann bei der Abwehr in die Leiste des Opfers abgerutscht. In späteren Aussagen widersprach der Beschuldigte sich — sowohl er als auch das Opfer hätten jeweils ein Messer gehabt.
Außerdem, sagte Bertling, sei die Rückkehr des Täters in die Wohnung wenig sinnvoll, wenn er denn in Notwehr gehandelt habe: „Dann will man raus aus der Höhle des Löwen.“
Die Kammer widersprach aber auch dem Opfer in mehreren Punkten. Vor allem, dass der 27-Jährige vom Angreifer auch gewürgt worden sei. Der Notarzt hatte keine Würgemale festgestellt. Deshalb stellte das Gericht keinen versuchten Totschlag oder gar Mord, sondern gefährliche Körperverletzung fest.