Jugendliche verschönern Trafo-Häuschen
Die straffälligen Erst- und Wiederholungstäter im Teenageralter leisteten ihre verordneten Sozialstunden bei einer Aktion des Vereins „Neue Wege“ am Panoramaradweg ab.
Wülfrath. Stolz thront der Adler an der Fassade. „Nein, ich bin nicht ganz zufrieden“, sagt Klaus. „Die Kontur stimmt noch nicht. Außerdem fehlen ja noch die Beine.“ Peter dagegen findet den von ihn kreierten Paradiesvogel gut. „Ich habe so etwas vorher noch nie gemacht.“ Bei den Sprayern handelte es sich nicht um irgendwelche Graffiti-Künstler. Klaus und Peter, deren tatsächliche Namen anders lauten, sind ebenso wie die fünf Mitstreiter straffällige Erst- und Wiederholungstäter, die hier ihre vom Jugendgericht angeordneten Sozialstunden ableisten. Über den Verein „Neue Wege“ sind sie Graffiti-Sprayer geworden.
„Solche Stunden können in sozialen Einrichtungen wie Kindergärten, Jugendzentren oder Altenheimen absolviert werden“, weiß Giuseppina Cagna vom Jugendamt Heiligenhaus. Zusammen mit zwei weiteren Pädagogen betreut sie die jugendlichen Delinquenten. Wichtigster Mitarbeiter bei dem Kunstprojekt aber ist Javier Lando Bianco. Seit sechs Jahren realisieren Giuseppina Cagna und er gemeinsam diese Projekte. „Ich frage, wann Javi Zeit hat, dann finden wir die passenden Jugendlichen.“
Hinter dem Verordnen von gemeinnütziger Arbeit steckt der Gedanke, den Schaden, den die Jugendlichen verursacht haben, der Gesellschaft gegenüber wieder gut zu machen. „Das funktioniert gut“, resümiert die Sozialpädagogin die vergangenen Jahre. In Wülfrath wurde im Rahmen des Projekts übrigens bereits die Mauer entlang der „Wasserwelt“ an der Wilhelmstraße neu gestaltet.
Vier Kilogramm grüner Streichfarbe haben Javier Lando Bianco und die insgesamt sieben Jungs zunächst als so etwas wie Grundierung verstrichen. „Das alte Häuschen sollte aufgehübscht werden“, sagt Martina Mauden vom Kreis Mettmann. In die Jahre gekommen und mit allerlei Gekritzel beschmiert, sollte es „keine Leinwand für neues Geschmiere bieten. Wir wollten gleich selbst etwas Schönes in Auftrag geben.“ „Ich habe mir vorab überlegt, was als Motiv an dieser Stelle passen könnte“, sagt Javier Lando Bianco. Der 32-Jährige kam rasch auf die Idee, den Gedanken von Natur und Tieren aufzunehmen. Die konkrete Umsetzung überließ er den jungen Leuten. „Manche haben vorher noch nie irgendetwas gezeichnet.“ Andere versuchten sich nach ersten Versuchen im Kleinformat später an kniffligen Gebäuden wie Kirchen. „Manche sind engagiert, andere musst du kitzeln“, fasst Bianco zusammen. Letztlich hat er alle Beteiligten an eine der 20 Spraydosen bekommen.
„Ich finde das voll gut“, begeisterte sich Klaus. „Wir brauchen mehr Orte, an denen es erlaubt ist, Graffiti zu machen.“ Unbedingt will er am Ball bleiben, hat dabei offensichtlich seine Lektion gelernt, seine Sprühkunst nur „legal“ auszuüben. „Neues auszuprobieren, vor allem sich auszuprobieren ist für diese Art sozialpädagogischer Arbeit wichtig“, sagt Cagna. Graffiti zu sprühen, sei halt cool. „Vor allem aber erkennen sie ihre Chance, was dieser Sozialdienst für sie bedeutet.“