Kein „Wuff“ beim Segen

Mehr als 100 Tierbesitzer kamen am Samstag trotz des Regenwetters zu Tiersegnung am Mariendom.

Neviges. Etwas ist anders vor dem Mariendom als an den übrigen Tagen der Wallfahrtszeit: Immer wieder tönt Gebell, meist helles, aufgeregtes Kläffen, seltener das tiefe „Wuff“ aus einer deutlich größeren Hundekehle über den Platz.

Mehr als hundert Besucher sind trotz mäßigen Wetters der Einladung zur jährlichen Tierwallfahrt gefolgt — darunter auch wir mit Yushka, unserem Familienhund. Einige Katzen ruhen in ihren Körbchen, ein Kaninchenpaar, ein Hamster, Meerschweinchen, doch die Hunde sind eindeutig in Überzahl: Von der winzigen Promenadenmischung bis zu Neufundländerin Dora, die mit ihren massigen 65 Kilogramm eher an einen Schwarzbären erinnert, ist praktisch alles vertreten. Große Tiere fehlen dieses Mal, mit Ausnahme von drei Pferden, die allerdings Stunden zu früh vor der Kirche angekommen waren.

Erstaunlich ist die Ruhe, die sich einstellt, als Wallfahrtsleiter Bruder Othmar Brüggemann vor die versammelte Gemeinde aus Zwei- und Vierbeinern tritt — auch die Tiere scheinen die besondere Atmosphäre wahrzunehmen. Das ändert sich schlagartig, als das Bläsercorps des Deutschen Teckel-Klubs aus Elberfeld zur musikalischen Begrüßung ansetzt — ein vielstimmiges Bellen und Jaulen begleitet den Vortrag. Auch Yushka gibt einen herzzerreißenden Ton von sich, belässt es dann aber dabei, sich unter der Sitzbank gemütlich einzurichten. Trotz der vielen anderen Hunde um sie herum ist Madame völlig entspannt.

Unterdessen richtet Bruder Othmar Grüße von Pater Roland aus, der 1999 erstmals zur Tierwallfahrt einlud. Er erinnert an die Worte des heiligen Franziskus, der die Tiere als unsere Schwestern und Brüder bezeichnet und zur Ehrfurcht nicht nur vor den Tieren, sondern vor der ganzen Schöpfung aufruft: „Wir haben alle einen Vater, der alles geschaffen hat.“ Neben Yushka sitzt Golden Retriever Cimla mit Evelyn und Klaus Knappstein am anderen Leinenende. Völlig ruhig scheinen auch die Hunde den Worten des Franziskaners zu folgen, nur hin und wieder ist aus den Reihen ein kurzes Kläffen zu hören.

Nach dem „Vater Unser“, bei dem die Zweibeiner von kräftigem Gebell unterstützt werden — „Die Tiere haben mitgebetet“, sagt Bruder Othmar — werden die vierbeinigen Besucher einzeln gesegnet. Ein kurzes „Sitz!“ — Yushka plumpst auf den Hintern, hebt vorsichtig witternd die Nase, als Bruder Othmar auch ihr den Segen erteilt.

Wie ein Winzling wirkt neben ihr Zwergschnauzerin Gracy, die nächste in der Reihe. „Mich haben schon als Jugendliche die Ideen des Franziskus fasziniert“, sagt Besitzerin Hildegard Tilling, die jedes Jahr zur Segnung kommt: „Außerdem gehörten Tiere bei uns immer zur Familie.“ „Die Segnung ist uns wichtig, denn auch die Tiere sind Gottes Geschöpfe“, sagen Dorothea und Jaroslav Chudak, die ihren Berner Sennenhund Amadeus aus Sprockhövel mitgebracht haben. Auch nicht zum ersten Mal ist Ingo Kurbjuhn aus Werden mit Hirtenhund Ruby angereist: „Es wäre schön, wenn es die Tiersegnung einmal im Jahr auch bei uns gäbe“, so der Essener.