Märkte punkten mit besonderem Charme
Am Hardenberger Schloss und vor der Wallfahrtskirche Neviges stimmten sich die zahlreichen Besucher auf Weihnachten ein.
Neviges. Eine komplette Ritterrüstung als Weihnachtsgeschenk wurde beim mittelalterlichen Weihnachtsmarkt am Hardenberger Schloss am Wochenende nicht erworben. „Das habe ich in zehn Jahren bisher nur einmal auf einem Markt erlebt“, denkt Angela Schneevoigt-van Dyck nach. „Da kam der Besitzer eines Schlosses an und hat eine ganze Rüstung in seinen Mercedes-Sportwagen eingeladen.“ So ein Blechanzug lässt sich nicht mal eben vom Weihnachtsgeld zahlen, es kostet zwischen 2500 und 5000 Euro, wird dafür individuell auf die Kunden hin angefertigt.
Wer etwas kleine Geschenkideen als eine Rüstung suchte, für den war der nicht alltägliche Weihnachtsmarkt eine wahre Fundgrube. Lederwaren, Schmuck, Holzdekorationen, die Auswahl war riesig und individuell. So hat Matthias de le Ney historische Düfte im Angebot und verweist auf die lange Familientradition: „1645 heirateten eine Wäscherin und ein Böttcher, die später ihre eigene Seife zum Wäsche waschen aus Knochen und Oliven herstellten. 1680 kam das erste Parfüm aus den Extrakten der Kastanienblüten“. „Die Menschen suchen eine gemütliche Atmosphäre“, stellte Andrea Hofer von der Marktgilde zu Hardenberg immer wieder fest. Den besonderen Charme entwickelt der Markt mit Einbruch der Dunkelheit: Kerzen, Öllampen und Fackeln versetzen den Platz zwischen den beiden Flügeln der Vorburg in ein warmes, aber schummeriges Licht. Gaukler nutzen die Gunst der Stunde und spielen für das Volk. In dieser etwas unwirklichen Stimmung taucht das musikalische Tier auf und bespielt die Saiten eines Zupfinstrumentes. Der eineinhalbjährige Maximilian in seinem Kinderwagen schaut gebannt zu. „Der ist bei jeder Musik hin und weg“, weiß seine Mutter aus Heiligenhaus. „Der Markt ist ein bisschen klein, aber die Menschen sind sehr freundlich“, lobt sie.
Echten Historikern würde sich bei dem Speisenangebot der Magen rumdrehen, denn Kartoffeln passen nicht wirklich ins Mittelalter. „Wurst im Teigmantel gab es zu dieser Zeit auch nicht“, kontert die Köchin und lässt den Holzlöffel durch die Pfanne kreisen, damit die Kartoffelecken nicht anbrennen.
Während der Mittelaltermarkt viele Besucher von außerhalb anlockt, ist der Weihnachtsmarkt des Pfarrcäcilienchores vor der Wallfahrtskirche der Anlaufpunkt für die Nevigeser, die sich auf die kulinarischen Angebote freuen. In einer großen Bude wird an mehreren Stellen gebrutzelt: Reibekuchen, Champignons, Kartoffeln mit frischem Rosmarin. Isabell Küppersbusch zerteilt eine Zwiebel nach der anderen auf einem Schneidebrett in appetitliche Ringe: „Die kommen an die Pilze, das gibt die richtige Würze.“
Viel los ist vor der Bude der Pfadfinder, die dem Chor traditionell beim Aufbau helfen. Dort gibt es Crêpes mit Nussnougatcreme und andere süße Sachen, vor denen Ernährungswissenschaftler immer wieder warnen. Egal, zum Auftakt der Weihnachtszeit darf es was Besonderes sein. Laura jedenfalls freut sich auf den süßen Pfannkuchen. Wer es lieber herzhaft mag, der konnte die Variante mit Speck bestellen. Als exotische Spezialität haben die Scouts einen Früchtepunsch im Angebot: „Selbst gemacht! Das Rezept haben wir in Japan von unserem dortigen Partnerstamm erhalten.“
Kurz nach der Eröffnung des Marktes kamen die ersten Besucher. Denen stand der Sinn weniger nach Glühwein und Punsch, die interessierten sich für den Trödel oder wollten sich mit passender Adventsdekoration aus frischem Tannengrün eindecken — alles selbst gemacht von den Chordamen. Am frühen Abend des ersten Tages waren nur noch ein Kranz und ein einziges Gesteck übrig geblieben: „Das Geschäft lief gut“, freute sich Mechthild Weßling über den reißenden Absatz.