Neviges: „Luftschlösser helfen nicht“

Diskussion: Die Vereine halten die Stadthalle für unverzichtbar, die Politik hingegen für unfinanzierbar.

Neviges. Das Fazit für die Interessengemeinschaft der Nevigeser Vereine war nach einer teils emotional geführten Diskussion mit Vertretern der Ratsparteien eindeutig: "Die Stadthalle ist für die kulturtragenden Vereine unverzichtbar", so IG-Sprecher Manfred Hagling. Notfalls will man einen Förderverein gründen, Unternehmen als Sponsoren gewinnen, Benefiz-Konzerte geben und selber Hand an die marode Halle legen, um die rund 90 Jahre alte Versammlungsstätte zu retten.

"Schlauberger verbreiten Gerüchte, die Halle werde zu wenig genutzt", meinte Hagling. Dem sei nicht so: Chöre probten dort, das Tanz-Sport-Zentrum Velbert (TSZ) nutze die Räume jeden Tag. An Veranstaltungen fänden neben Konzerten das Erntedankfest der Landjugend, das Schützenfest und die Karnevalssitzung der Velberter Gesellschaft "Boum haul pool" in Neviges statt.

Das sah Baurat Andres Wendenburg anders: Bei sechs bis zwölf Veranstaltungen im Jahr sei eine tragfähige Nutzung nicht erkennbar. Den Sanierungsaufwand bezifferte er mit rund 1,5 Millionen Euro: "Letztlich stehen die Aufwendungen in keinem Verhältnis zum Nutzen." Angesichts der Haushaltslage sei der Erhalt der Halle nicht darstellbar. Dort gehen wohl mit dem für 2012 erwarteten Umzug des TSZ die Lichter aus.

Das sieht eine breite Mehrheit der Politiker - außer der SPD waren alle Ratsparteien vertreten - inzwischen genauso. August-Friedrich Tonscheid (Velbert anders) sprach Klartext: "Wir werden uns überschulden, wenn wir nicht pro Jahr neun Millionen Euro einsparen. Niemand will die Stadthalle abreißen, aber Luftschlösser helfen nicht weiter."

Tonscheid warnte davor, allem Wünschenswerten nachzugeben, denn wenn erst ein Sparkommissar Einzug halte, werde dieser rigoros entscheiden, was gestrichen werde. "Mit 44 Millionen Minus in der Kasse können wir uns vorstellen, die Stadthalle abzureißen", sagte unverblümt Axel Stiefeling für die Grünen. Er schlug vor, das Gebäude an die Vereine zu verschenken, damit diese versuchen, es selber zu betreiben. Keinerlei finanziellen Spielraum sah auch Stefan Ludwig (CDU).

Vereinsvertreter wie Heinz Linke von "Boum haul Pool" oder der Nevigeser Frauenchor sehen hingegen keine Chance, ohne die Stadthalle überhaupt noch Sitzungen oder Konzerte veranstalten zu können. Räumlichkeiten vor Ort wie Vorburg, "Glocke" oder Evangelisches Gemeindehaus seien zu klein, das Forum Niederberg hingegen unerschwinglich.

Sowohl Wendenburg als auch Peter Egen, Vorsitzender des Schlossfördervereins, warnten indes vor zu großer Euphorie bei dem Vorhaben, die Stadthalle künftig in Vereinsregie betreiben zu wollen. Es sei unendlich schwer, Mitglieder für einen Förderverein zu gewinnen - geschweige denn Sponsoren.