Ratingen: Alten Stadtgraben entdeckt

Die Bauarbeiten am Rathaus werden von Archäologen begleitet und überwacht.

Ratingen. Den Stadtwerke-Arbeitern war sicher nicht bewusst, dass sie die Schaufel ihres kleinen Baggers in den Boden des einstigen Klostergartens rammten. Und dass sie im weiteren Verlauf der Baugrube einige Überbleibsel der alten Stadtmauer querten.

Für den Bautrupp, der an der Rückseite des Rathauses die Wasser- und Versorgungsleitungen erneuert, zählte vor allem: Wo liegen die Rohre? Dafür haben die Experten von "Archbau" einen ganz anderen Blick auf die Baustelle.

Die Fachfirma für archäologische Ausgrabung und Baudokumentation begleitet die Bauarbeiten auf Schritt und Tritt. Grund: Da das Gelände des Rathauses und der Stadtmauer als Bodendenkmal gilt, musste nicht nur eine besondere Grabungsgenehmigung eingeholt werden. Die Bauarbeiten müssen auch von Fachleuten überwacht werden - man könnte beim Buddeln ja auf historisch Wertvolles stoßen.

Eine Sensation blieb bislang aus, "aber wir haben die Schicht gefunden, in der früher der Stadtgraben lag", erläutert Grabungstechniker Hartmann Linge. Als die Bauarbeiter den Boden entlang der Rohrleitungen ausgehoben hatten, fiel ihm die unterschiedliche Bodenstruktur sofort auf.

In der vergangenen Woche verhängte Linge dann für zweieinhalb Tage einen Baustopp, um alles genauer untersuchen zu können. Die Farbe und das Gesteinsmaterial ließen nur einen Schluss zu: Hier verlief der alte Stadtgraben - als Fischteich.

Auf alten Karten, die Linge im Stadtarchiv einsehen konnte, wurde sein Befund bestätigt. Der Graben zog sich mit etwa neun bis zehn Metern Breite direkt vor der Stadtmauer entlang - bis zur heutigen Einmündung der Minoritenstraße. Dort staute ein Wehr das Wasser auf.

"Bemerkenswert ist, dass es keine alten Ansichten Ratingens aus diesem Bereich gibt", wundert sich Linge. Ein alter Stich von 1715 zeige Ratingen aus der Blickrichtung aufs Bechemer Tor, außerdem gebe es einen preußischen Katasterplan aus dem Jahre 1837.

Auf ihm sind Stadtmauer und Wassergraben deutlich eingezeichnet. Wie der Grabungstechniker mittlerweile festgestellt hat, ist der Graben im Laufe der Jahre immer mehr versumpft und wurde dann auch noch zugeschüttet - mit Steinen aus dem Steinbruch am Blauen See. Endgültig verfüllt wurde der Graben in den1970er-Jahren beim Bau des Rathauses.

Reste der originalen Stadtmauer fanden sich an dieser Stelle jedoch nicht. Die Nachbildung sei gleichwohl auf dem massiven Fels errichtet worden, der sich hier bereits 50 Zentimeter unter der Oberfläche findet. Auf weitere Funde wagt Linge nicht zu hoffen.

"Das ist eine unglückliche Stelle: Hier im ehemaligen Klostergarten hat früher niemand etwas über die Stadtmauer geworfen." Noch bis Ende der Woche begleitet Linge und sein Mitarbeiter die Bauarbeiten. Jeder Meter wird vermessen, fotografiert, dokumentiert und mit Zeichnungen der Gesteinsschichten dokumentiert. Die Kosten dafür müssen die Stadtwerke als Bauherr tragen.