Ratingen: Magier der Zwischentöne

Der niederländische Künstler Herman van Veen begeisterte im fast ausverkauften Stadttheater.

Ratingen. "Ich weiß gar nicht mehr, wie oft ich Herman van Veen schon gesehen habe, aber noch nie in so einem beschaulichen Rahmen", strahlt Hedwig Schulze am Samstagabend übers ganze Gesicht. Nur noch wenige Minuten, bis der niederländische Liedermacher die Bühne des Ratinger Stadttheaters betreten wird.

"Beschaulicher Rahmen" heißt in diesem Fall nicht, dass der Veranstaltungsort übermäßig klein ausgefallen ist. Vielmehr hat van Veen an diesem Abend seine Band zuhause gelassen und tritt fast solo auf.

"Unter vier Augen" nennt sich das Programm, wobei seine eigenen Augen gemeint sind und die seiner einzigen Begleitmusikerin Edith Leerkes. Dabei wird diskret ausgeklammert, dass über 600 weitere Augenpaare zugegen sind, denn der Saal ist so gut wie ausverkauft.

"Es ist einfach toll, dass man so einen Künstler auch mal in der eigenen Stadt sehen kann", findet Hartmut Lingen, der auch schon mal richtig weite Strecken zurückgelegt hat: "Einmal bin ich sogar nach Belgien gefahren, das Programm war zwar auf Holländisch, aber es war trotzdem toll. Die Texte kenne ich ja eh!"

Kein Wunder also, dass schon tosender Applaus über die Bühne hereinbricht, ehe der Star des Abends auch nur ein Wort gesagt, einen Ton gesungen oder eine Note gespielt hat. "Vielen Dank. Wir freuen uns auch", begrüßt der großgewachsene Sänger sein Publikum und legt dann gleich mit dem ersten Lied los. Die deutsche Sprache macht dem Niederländer keinerlei Probleme, der unverwechselbare Zungenschlag ist aber bis heute geblieben, egal ob er Deutsch, Englisch oder Französisch singt.

Seit 45 Jahren tritt Herman van Veen auf, als Kabarettist, als Musiker, als Geschichtenerzähler oder als tragikomischer Clown - er beherrscht jede einzelne dieser Rollen, am meisten liegt ihm aber die Mischung aus alledem.

So singt er scheinbar todtraurige Lieder, deren Texte aber mitunter zum Brüllen komisch sind, erzählt Witze, bei denen einem die Tränen kommen können oder führt absichtlich bemitleidenswert schlechte Zauberkunststückchen vor. Immer wieder wechselt er zwischen liebevoll melancholischer Ironie und beißendem Spott.

Oder er wird sogar politisch, wenn er von Früher erzählt, "als Afghanistan noch Vietnam hieß". Geschickt spielt er mit Klischees und Stereotypen, umgeht dabei zielsicher die Untiefen des schlechten Geschmacks und zaubert am Ende doch wieder eine überraschende Pointe aus dem Hut. Und dann regnet es auch schon einmal hunderte Pingpongbälle auf die Bühne.