Neviges: Telefonzellen als offene Bücherschränke

Der Verein S.O.S.-Team will die Häuschen aus Corby und Châtellerault, die am Forum nicht mehr als Telefone genutzt werden, am Busbahnhof Neviges aufstellen.

Neviges. Zwei Telefonzellen werden zu öffentlichen Bücherschränken: In Kürze soll am Nevigeser Busbahnhof die kleinste Bücherei der Stadt öffnen. Einige hundert Bände soll die Mini-Bibliothek in den beiden ausgedienten Telefonhäuschen künftig umfassen, hofft Carola Schröder vom "Sozial Orientierten Service" (S.O.S.-Team e.V.).

Das offene Bücherregal, vorzugsweise in einer klassisch roten, englischen Telefonzelle, gibt es bundesweit bereits in vielen Städten - etwa in Hückeswagen. So kam das S.O.S.-Team auf die Idee.

Die altehrwürdigen englischen Fernsprechhäuschen, die wie der Bobby zum Straßenbild des Königreiches gehören, befinden sich nämlich nicht nur in ihrer Heimat auf dem Rückzug:

Im Zuge einer "Standortoptimierung" baut die Telekom zahlreiche öffentliche Telefone ab, die wegen der großen Handy-Verbreitung kaum noch genutzt werden. Deshalb wird auch so manche englische Telefonzelle, die in den vergangenen Jahrzehnten meist im Rahmen einer Städtepartnerschaft den Weg nach Deutschland fand, künftig leer stehen.

In Velbert sind gleich zwei ausländische Telefonzellen am Forum Niederberg betroffen - eine aus dem englischen Corby, eine aus dem französischen Châtellerault, die sich im Besitz der Stadt befinden. Sie sollen nun in Neviges eine neue Funktion als Bücherstation erhalten.

Laut Schröder hat Bürgermeister Stefan Freitag dem Nevigeser Verein vor einigen Tagen eine entsprechende Zusage gegeben. Nach den Ferien muss die Übernahme der Häuschen noch schriftlich fixiert werden, dann kann der Verein sie am Forum abbauen.

Die Zellen sollen in dem unmittelbar an der Fußgängerampel stehenden Wartehäuschen am Busbahnhof aufgestellt werden. Dazu braucht das S.O.S.-Team bei Demontage, Transport und Aufbau noch Unterstützung: "Wir sind für jede handwerkliche und technische Hilfe dankbar", sagt Carola Schröder.

Anschließend werden die jeweils rund einen Quadratmeter großen Zellen mit selbst gefertigten Holzregalen aus der Schreinerei des Vereins ausgestattet und mit bis zu je 300 Büchern bestückt. Dazu kann das S.O.S.-Team schon auf einen Fundus zahlreicher Bücherspenden zurückgreifen, nimmt aber noch weitere gerne an.

Rund um die Uhr können Leseratten dann kostenfrei Bücher ausleihen, tauschen oder eigene Exemplare einstellen und damit der Mitwelt zum Lesen überlassen. Sechs Mitarbeiter des Vereins aus dem kürzlich in Kooperation mit der Stadtbücherei gestarteten Projekt "Buchbar", die auch den Abholdienst für in der Bibliothek entliehene Literatur betreiben, werden die Bücherzellen betreuen.

Das Prinzip des offenen Bücherregals basiert auf der Idee des sogenannten Bookcrossings, einer weltweiten Initiative zur kostenlosen Weitergabe von Büchern. Diese werden, mit Aufklebern bestückt, im Internet registriert und anschließend "ausgesetzt". Wer ein Buch findet und liest, kann, bevor er es wieder "in die Freiheit entlässt", Fundort und Kommentare auf einer Internetseite hinterlassen.

So weit will man in Neviges (noch) nicht gehen: "Uns liegt in erster Linie daran, das Interesse am Lesen wecken", sagt Carola Schröder.