Wülfrath Wülfrather Geschichte auf der Spur

Wülfrath · Die offene Führung im Niederbergischen Museum ist ein kostenloses Angebot der Einrichtung, die den Besucher von Beginn der Erdgeschichte bis ins heutige Wülfrath entführt. Rund eine Stunde dürfen sich die Teilnehmer über einen spannenden Rundgang durch das Kleinod Wülfraths freuen und dabei interessante Anekdoten aus der örtlich bezogenen Geschichte erfahren.

Museumsmitarbeiterin Hergard Fronober erklärt auf anschauliche Weise, was es mit den Ausstellungsstücken auf sich hat.

Foto: Tanja Bamme

Eine der Museumsführerinnen ist die Ehrenamtlerin Hergard Fronober, die am vergangenen Sonntag auf spannende Weise Einblicke in die Dauerausstellung bot. „Wir haben dem ehemaligen Schulleiter Julius Imig das Museum zu verdanken. Er hat die zahlreichen Exponate zunächst alle in der Schule gesammelt und später dieses Museum gegründet“, steigt die Wülfratherin in ihre Veranstaltung ein.
Zahlreiche Fossilien und versteinerte Hölzer lassen sich im Raum der Erdgeschichte finden. „Das heutige Museum war damals eine Weberei“, verrät sie. Schon als Kind hat Hergard Fronober das Haus an der Bergstraße gerne besucht, vom damaligen Leiter sogar gelernt, wie man Schmetterlinge für den Schaukasten vorbereitet. „Das war wahnsinnig spannend für mich“, gibt die heutige Seniorin einen Schwank aus ihrer eigenen Jugend wieder, bevor sie wieder auf die Ausstellung zu sprechen kommt. „Vor Millionen von Jahren befand sich am heutigen Wülfrath-Standort ein Meer, es herrschte tropisches Klima“, referiert sie. „Mit den Jahren wurde das Meer immer seichter, Rückstände von Korallen lassen sich heute noch finden.“

Wülfrath fristete ein
historisches Schattendasein

Ihr absolutes Lieblingstier im Erdgeschichtsraum ist eine Seelilie. „Das hört sich jetzt an wie eine Blume, ist aber tatsächlich ein Tier gewesen“, erklärt sie mit Blick auf eine Fossilie im Schaukasten. Dass die Besucher nicht nur die Schaukästen, sondern den ganzen Raum betrachten müssen, verrät die Ehrenamtlerin ebenfalls. So lassen sich auch in der Fensterdekoration die Nachbildungen der einstigen Flora und Fauna finden.

Weiter geht es in den Raum der Stein- und Eisenzeit. „Die Zeit des Neandertalers“, erklärt Hergard Fronober, die gleich auf die gefundenen Faustkeile aus Stein aufmerksam macht. „Diese wurden zwar nicht in Wülfrath, dafür aber in der näheren Umgebung gefunden“, gibt sie wieder. Dass der Neandertaler kein sesshafter Geselle war, sondern stets den Tierherden hinterher zog, erklärt sie ebenfalls. „Von daher können wir auch nicht mit Gewissheit sagen, ob der Neandertaler mal im heutigen Wülfrath gelebt hat.“

Ein beeindruckendes Zeugnis der damaligen Zeit stellt ein sogenannter Napoleonshut dar. Der Steinzylinder wurde damals für das Mahlen von Getreide benutzt. „Und dabei sind immer wieder Steinstücke ins Essen gemischt worden, weshalb die Menschen damals sehr abgenutzte Zähne hatten“, so die Ehrenamtlerin.

Ein lokales Erinnerungsstück lässt sich in dem Stein- und Eisenzeit-Raum ebenfalls finden. Dort, wo heute das Altenheim Haus-August-von- der-Twer steht, befand sich damals ein kleiner Teich samt Insel. „Auf dieser Insel stand einmal ein Burghaus, das später abgebrannt wurde“, so Fronober. „Beim Bau des Altenheims in den 60er Jahren hat man Fragmente des Tores und der Palisaden im Morast gefunden, die dort über Jahre hinweg konserviert wurden. Die Ausgrabungsstücke zieren jetzt das Museum.

Dass Wülfrath nie ein bekannter Ort in der Geschichte gewesen ist, gibt die Ehrenamtlerin unumwunden wieder. „Eigentlich fristet die Stadt seit jeher ein Schattendasein“, so ihre Meinung. Dabei ist bereits die Gründungsgeschichte spannend, hat doch ein Ausgestoßener im 9. Jahrhundert die Stadt gegründet, nachdem er zahlreiche Bäume rodete. „Daher auch der damalige Stadtname Wolverothe, Rodung durch den Ausgestoßenen namens Wolf“, weiß Hergard Fronober. „Wolf wurden damals Menschen genannt, die ausgestoßen waren. Im Anschluss haben sich primär Handwerksfamilien in dem Dorf angesiedelt.“

Zwei Brände haben der Stadt im 16. und 17. Jahrhundert schwer zugesetzt. Um wieder auf die Beine zu kommen, hat der damalige Kaiser Heinrich der Bevölkerung vier freie Märkte geschenkt. Einer davon ist der Herzog-Wilhelm-Markt gewesen, dessen Namen heute den Wülfrather Weihnachtsmarkt ziert.