Homberg. Wie eine viel zu groß geratene Tischdecke ist die schwarze Zeltplane auf dem Tisch im Pfadfinderheim ausgebreitet. Sechs Jungs und ein Mädchen scharen sich darum - und haben sichtlich Spaß daran, das Monstrum mit Wasser und Seife von den Spuren des jüngsten Zeltlagers zu befreien. Die "Rotfüchse", so heißt die muntere Meute, ist gerade aus der Eifel zurück.
Verantwortung für die Gemeinschaft
Verantwortung für die Gemeinschaft zu übernehmen, das lernen Pfadfinder von klein an. Und bei den Wölflingen, wie die sechs- bis elfjährigen Mitglieder genannt werden, kann das eben auch heißen, die Zeltplane zu schrubben. Überhaupt wird Gemeinschaft bei Pfadfindern groß geschrieben. Gemeinsam gehen sie auf Reisen, sie spielen, singen und treiben Sport. Sie genießen die Natur, pflegen die Umwelt und lernen fremde Kulturen kennen. Besonders gut lässt sich das bei den Fahrten miteinander verbinden, die die Gruppen mehrmals im Jahr unternehmen. Ob nur übers Wochenende oder wochenlang, ob in Wanderdistanz oder quer durch Europa. Eine besondere Herausforderung ist der "Haik", eine Tour durch die Wildnis, zu Fuß, ohne moderne Hilfsmittel, nur das Allernötigste im Gepäck. Das wird mit Ideenreichtum, Optimismus und ein bisschen Askese wett gemacht. "Ein Wochenende haben wir nur Knoblauchrauke zu essen gefunden", erzählt Anja Bonk lachend. Geschmeckt hat es auf Dauer nicht - aber gesund war’s, und irgendwie auch lustig.
Die Grundwerte der Pfadfinder haben sich niemals geändert
Anja Bonk kann sich noch gut an ihre erste Begegnung mit den Pfadfindern erinnern. "Damals war ich zehn", erzählt sie. Ihr wurde gezeigt, wie man Knoten knüpft und wie man ein Zelt aufbaut. Das war spannend. "Es wurde nie langweilig, wir haben immer wieder etwas Neues gemacht." Das Beste war für sie die Gruppe selbst, in der sich jeder entwickeln durfte. Seitdem sind 20 Jahre vergangen. Anja Bonk leitet heute den Stamm "Hratuga". Doch die Grundwerte haben sich nie geändert. Nicht das Halstuch macht den Pfadfinder aus, sondern die Einstellung. "Jeden Tag eine gute Tat", heißt der berühmte Leitsatz des Ur-Pfadfinders Robert Baden-Powell. Der hat für die Ratinger nichts an Aktualität verloren. Ob mal eben die Tür aufhalten, den Sitzplatz im Bus anbieten oder der Nachbarin den Computer reparieren. "Es geht einfach darum, mit offenen Augen durch die Welt zu gehen", sagt Rainer Stengert. Er gehört zu den dienstältesten Pfadfindern bei den Hratuga und war dabei, als sich 1982 die vier Ratinger Pfadfindergruppen zusammenschlossen und dem Pfadfinderbund beitraten. Heute treffen sich im Homberger Pfadfinderheim, dem Horst Angerländer, regelmäßig fünf Gruppen. Neben den "Rotfüchsen" sind das die Sippen "Eisbären" und "Fledermäuse" (zwölf bis 14 Jahre), die "Cernunnos" (14 bis 17) und die Rovergruppe "Brukterer" (ab 18). Besonders die Eisbären und Fledermäuse wollen in Zukunft noch mehr unternehmen und freuen sich dabei über Verstärkung. Wer mitmachen möchte, schaut am besten morgen beim Jubiläumstag vorbei, oder im Internet unter
www.hratuga.de