Plastiktüten: Händler sind uneins
In manchen Läden gibt es die Taschen nicht mehr gratis, während andere den Schritt nicht wagen.
Neviges. Im Traditionskaufhaus Gassmann raschelt es seit Jahrzehnten an der Kasse. Zahlen, Beleg, Plastiktüte — das ist ein einstudierter Vorgang. Seit etwa einem Monat ist damit Schluss, nun ist die Tüte ein eigener Artikel. Preis: je nach Größe, ab fünf Cent aufwärts. „Manche Kunden haben sich früher direkt fünf Tüten mitgenommen, weil sie die als Müllbeutel genommen haben“, berichtet Mitarbeiterin Andrea Adolphs. Mittlerweile kommt das nicht mehr vor.
Viele deutsche Händler verpflichten sich jetzt selbst dazu, Plastiktüten nur noch gegen Bares anzubieten, dem Umweltschutz zuliebe. Laut Adolphs sind die Reaktionen darauf gemischt. „Viele finden das gut und kaufen sich einen Jute-Beutel“, sagt Adolphs. Doch nicht alle freuen sich über die zusätzlichen Kosten.
Das hat auch Peter Schmidt in seiner Metzgerei festgestellt, wo es noch immer kostenlose Plastiktüten gibt. „Ich bin eigentlich gegen die Gratis-Tüten, es ist aber schwer umzusetzen“, sagt der Händler. „Viele Kunden akzeptieren das einfach nicht.“ Deshalb ging Schmidt zusammen mit einigen anderen Läden in der Fußgängerzone zuletzt einen anderen Weg und verknüpfte den Tütenverzicht mit einer Spende. Für jeden Kunde, der auf den knisternden Begleiter verzichtete, spendeten die Händler zwei Monate lang automatisch fünf Cent für einen guten Zweck. Peter Schmidt sagt: „Das kam gut an und viele Kunden sind inzwischen sensibler und bringen eine eigene Tasche von Zuhause mit.“
Die Erfahrung hat auch Apothekerin Sonja Schramm gemacht. „Die Umstellung geht langsam, aber es geht“, sagt sie. In der Sonnen-Apotheke kosten Plastiktüten seit Ende des vergangenen Jahres 20 Cent. Und viele Kunden vermissten die Dreingabe gar nicht. „Das ist reine Erziehungssache“, sagt Schramm augenzwinkernd und verrät den Trick: „Früher haben wir immer gefragt, ob wir die Ware einpacken dürfen. Jetzt sagen wir nichts mehr und die meisten stecken die Sachen nun einfach ein.“
Was bei Nasenspray und Tabletten gut funktioniert, ist bei sperrigeren Artikeln nicht ganz so leicht. Bei „Maier’s City Schuhe“ gibt es weiterhin Gratis-Tüten zu jedem Einkauf. Rund 500 Stück gehen im Monat über die Ladentheke. „Im Einzelhandel geht es nicht anders“, sagt Geschäftsführer Olaf Maier. „Frauen haben vielleicht noch eine Tasche dabei, aber Männer doch nicht.“ Er könne von den Kunden nicht verlangen, dass sie mit der Ware unterm Arm raus gehen.
Helmut Wulfhorst, zweiter Vorsitzender der Nevigeser Werbegemeinschaft, sieht das ähnlich: „Ich bin auch gegen Plastiktüten bei Alltagseinkäufen, aber gerade bei hochpreisigen Artikeln erwarten die Leute einfach, dass dann nicht noch die Tüte 30 Cent kostet.“ Er selbst sei jüngst verdutzt gewesen, als man ihm beim Hosenkauf in einer größeren Kette plötzlich die Tüte verweigert hat. Besorgt sieht er die Entwicklung aus geschäftlichen Gründen: „Das ist doch ein weiteres Argument für den Online-Handel, der sich damit nicht herumärgern muss.“