Politiker streiten weiter über die zweite Gesamtschule
Im Schulausschuss warfen Mitglieder der Stadtverwaltung Untätigkeit vor. Der Beigeordnete Gerno Böll verwies auf einen fehlenden Beschlussvorschlag.
Velbert. Die Grünen zeigten sich im Schulausschuss sehr verärgert: „In der letzten Sitzung wurde beschlossen, alles vorzubereiten, damit die zweite Gesamtschule 2018/17 an den Start gehen kann, nichts davon ist geschehen“, schimpfte Esther Kanschat, die deshalb der Verwaltung eine Rüge erteilen wollte. Sie konnte sich auch vorstellen, warum die Situation so ist: „Ich denke, dass die CDU absolut dagegen ist. Der Bürgermeister gehört der CDU an, das kommt von oben.“ Der Beigeordnete Gerno Böll reagierte gelassen und fragte: „Worauf hätten wir uns vorbereiten sollen? Es lag kein Beschlussvorschlag vor.“
Auch andere Politiker kritisierten die Verwaltung wegen der vermeintlichen Untätigkeit. Der Rüge wollte sich Ingrid Schween (Linke) anschließen. Sie widersprach sich allerdings. Ihre Partei wolle nur die Gesamtschule. Gleichzeitig erklärte sie, die Eltern sollen entscheiden, wohin sie ihre Kinder schicken. Manfred Bolz (CDU) versuchte zu erklären, dass der Schulausschuss wegen der finanziellen Auswirkungen nicht über die Errichtung der Gesamtschule entschließen kann. Der Unionspolitiker ließ keinen Zweifel, dass seine Partei gegen eine zweite städtische Gesamtschule ist. „Das Schlimmste ist, wir beschließen wieder, eine zweite Schule zu gründen und keiner geht hin, so wie es mit der Sekundarschule der Fall war.“
Außerdem kann sich Manfred Bolz nicht vorstellen, dass bei einer zweiten Gesamtschule, die in die Gebäude der Kölverschule und der Hardenbergschule einziehen soll, eine zweite funktionierende Sekundarstufe II zustande kommt. Daneben befürchtet er gravierende Auswirkungen auf das Velberter Schulsystem: „Das Gymnasium Langenberg wird durch eine zweite Gesamtschule in Frage gestellt.“ Außerdem verwies er darauf, dass in der Vergangenheit 80 Kinder an der Gesamtschule Poststraße abgewiesen wurden. „Wir brauchen aber 100, um eine zweite einzurichten.“
Um diese Zahlen wurde gestritten und die Auspendler angeführt, immerhin besuchen 141 Velberter Kinder und Jugendliche Schulen in den Nachbarstädten. „Die sind weg, und die kriegen wir aus verschiedenen Gründen nicht zurück“, so August-Friedrich Tonscheid (Velbert anders). „Ich glaube, wir sind uns bewusst, dass Hauptschule und Realschule unter einer neuen Gesamtschule leiden werden“, sagte Jürgen Schürmann (FDP) und erinnerte an die Feststellung der Beratungsfirma Biregio: „Hauptschule und Realschule sind Auslaufmodelle, an einer zweiten Gesamtschule kommen wir nicht vorbei, sie sagten aber nicht wo.“
Rainer Hübinger (SPD) gab zu bedenken, dass sich die Schulstruktur dem Elternwillen anpassen muss, außerdem seien die Auswirkungen der Zuwanderung zu berücksichtigen. „Neviges braucht als zweitgrößter Velberter Stadtteil eine weiterführende Schule, um den Ortsteil attraktiv zu machen“, so seine weitere Forderung. Reinhard Mickenheim, Fachbereichsleiter Bildung, Kultur und Sport betonte, dass die Finanzierbarkeit der zweiten Gesamtschule von der Stadt gegenüber der Kommunalaufsicht nachgewiesen werden muss. Am Ende der Debatte wurde nicht beschlossen, die Verwaltung zu rügen, sondern man folgte dem Antrag der SPD, die verbindliche Elternbefragung zur Errichtung einer zweiten städtischen Gesamtschule durchzuführen, über die der Rat am 10. Oktober abstimmt.