Ratingen: Das größte Becken der Stadt

Die neue Regenrückhalteanlage an der Dechenstraße kann bei einem Tag der offenen Tür zum einzigen Mal besichtigt werden.

Ratingen. Tage der offenen Tür gibt es viele: Schulen, Kindergärten, Feuerwehr, Museen oder Firmen - alle laden regelmäßig die Bevölkerung ein, einmal einen Blick hinter die Kulissen zu werfen. Einen einmaligen Tag der offenen Tür bietet das städtische Tiefbauamt am 31.Oktober an: Dann gibt es die einzigartige Gelegenheit, das gewaltige Regenrückhaltebecken an der Dechenstraße zu besichtigen, bevor es in Betrieb geht. Später ist naturgemäß kein Zutritt mehr möglich. Mit einem Info- und Unterhaltungsprogramm in dem unterirdischen Becken können die Ratinger erfahren, wofür rund 6,8 Millionen Euro verbuddelt wurden.

Von außen wird man bald gar nichts mehr sehen: Eine Erdschicht wird den Millionenbau verdecken, und wenn im Frühjahr der Kinderspielplatz wieder aufgebaut ist, ahnt man nichts mehr von der Rückhalteanlage darunter. Die Ausmaße sind riesig: groß wie ein Fußballfeld und vier Meter hoch. Mit locker 17 000 Kubikmetern Fassungsvermögen ist das Rückhaltebecken das größte in der näheren Umgebung.

Zum Vergleich: Das entspricht der Füllung von acht Wettkampfschwimmbecken oder 100 000 Badewannen. Unterteilt ist das Rückhaltebecken in vier Kammern, die bei Starkregen nacheinander geflutet werden. Beim Tag der offenen Tür soll dies mit Lichttechnik simuliert werden. Baudezernent Ulf-Roman Netzel verspricht auch ein außergewöhnliches akustisches Erlebnis: "Der Nachhall ist gewaltig." Eine ideale Kulisse für gregorianische Gesänge, Partys oder Konzerte? Die wird es dort nie geben - aus Sicherheitsgründen: Es gibt nämlich nur einen einzigen Ein- und Ausgang.

Das neue Rückhaltebecken Dechenstraße ist ein entscheidender Baustein im Hochwasserschutzkonzept der Stadt. Nach dem Jahrhundertregen am 29.Juni 2005, als binnen einer Stunde mehr als 50 Liter Wasser auf die Innenstadt prasselten und die Bereiche um die Poststraße sowie weite Teile von West fluteten und einen Millionenschaden anrichteten, musste gehandelt werden.

Als erstes wurde das Fassungsvermögen des Beckens an der Poststraße, das damals binnen Minuten voll- und übergelaufen war, auf 14 000 Kubikmeter verdoppelt. Um weiteres Stauvolumen zu bekommen, wird derzeit unterirdisch ein Bypass zum Schwarzbach gebohrt.

Die Betonröhre mit 1,60 Meter Durchmesser kann, wenn sie im März 2010 komplett verlegt ist, 3000 Kubikmeter Regen aufnehmen und dosiert in den Schwarzbach ableiten. An der Broichhofstraße steht eine weitere Beckenanlage kurz vor der Fertigstellung: Hier können knapp 6000 Kubikmeter aufgefangen und gedrosselt in den Haarbach eingeleitet werden.

Herzstück des Hochwasserschutzes ist aber die Anlage Dechenstraße: Zusammen mit dem alten Sammelbecken (16 000 Kubikmeter) stehen jetzt ingesamt 33 000 Kubikmeter Stauvolumen zur Verfügung. Alle Anlagen werden automatisch gesteuert, je nach Pegelständen werden Schieber geöffnet, Pumpen angeworfen, Wassermassen umgeleitet.

"Mit dem neuen Speicher greifen wir nach den Sternen", versucht Netzel die Dimension zu erklären, schränkt aber zugleich ein: "Absolute Sicherheit gibt es nie. Der schlimmste denkbare Fall ist unbezahlbar. Für so genannte Jahrhundertregen sind wir aber jetzt gerüstet." Der Regen vom Juni 2005 würde heute nicht mehr diese Schäden verursachen.

"Aber man weiß nicht, wie sich die Regenereignisse entwickeln werden." Wilfried Georg, stellvertretender Leiter des Tiefbauamtes, sieht aber auch die Hausbesitzer in der Pflicht: Wenn Kellerabflüsse unter dem Kanalniveau liegen, müssen entsprechende Rückschlagsicherungen eingebaut und auch regelmäßig gewartet werden. Sonst hilft kein noch so großes Rückhaltebecken.