Ratingen: Endlich mal ernst genommen
Ein Betriebspraktikum nutzt nicht nur den Schülern, sondern allen Beteiligten.
<span style="font-weight: bold;">Ratingen. "Ich freue mich schon wieder auf die Schule, ich merke jetzt, was ich an ihr hab’." Dass der 16-Jähriger Schüler Tobias Heitkamp das sagt, können seine Freunde kaum glauben. Meist ist der Zehntklässler nämlich mit anderen Dingen beschäftigt, Schule ist da eher lästig. Doch selbst für diese Hobbies hat der Schüler keine Kraft mehr, wenn er von seinem Praktikum nach Hause kommt. Trotzdem macht ihm die Arbeit im Mercure Hotel Spaß. "Abends bin ich zwar immer voll kaputt, aber es ist echt toll hier", sagt er. Obwohl sich der Gymnasiast zuerst für die Küche beworben hat, half er in der ersten Woche, das Haus in Schuss zu halten. Das bereut er im Nachhinein nicht: "Es war richtig anstrengend, aber auch total interessant". Er habe hinter die Kulissen eine Hotels gucken können. In der zweiten Woche darf Tobias endlich in der Küche arbeiten. Er kümmert sich um das Frühstücksbuffet und hilft danach in der Küche. Schnitzel braten, Salat waschen und viele Tipps und Tricks abgucken - für ihn lohnt sich das Praktikum auf jeden Fall: Er weiß jetzt, dass er Koch lernen will.
Wie Tobias findet etwa die Hälfte aller Schüler eine Bestätigung durch das Praktikum, weiß Franz-Josef Artz, Praktikumskoordinator am Carl-Friedrich-von-Weizsäcker-Gymnasium. Doch auch für jene, die feststellen, dass der Beruf nichts für sie ist, ist das eine wertvolle Erfahrung: "Sie kommen in der Wirklichkeit an", meint Artz.
In der Klasse gehen sie in der Gruppe auf, beim Praktikum werden sie wie Kollegen behandelt. Das fordert heraus, die Schüler wollen sich nicht blamieren, aktiv mitarbeiten. "Das hat bei den Schüler eine rapide Verhaltensänderung zur Folge. Sie leben richtig auf", hat Franz-Josef Artz erlebt.
Diese Veränderung stellt auch Jonna Fee Beyering fest. Die 15-Jährige macht ihr Praktikum im Marketingbereich der Sparkasse und hat sich mittlerweile richtig eingelebt. Sie darf jeden Tag mehr Aufgaben übernehmen: "Letztens durfte ich sogar Texten, keine große Kampagne, aber ein Rundschreiben", erzählt sie. Sie ist bei Besprechungen und Konferenzen dabei und erlebt, wie vielschichtig der Beruf ist.
Einen solchen Einblick möchte auch Uwe Raspel, Ausbildungsleiter der Stadtverwaltung Ratingen, vermitteln. "Bei uns sind die Schüler immer mit dabei, sie bekommen alles mit".
Dass jeder Praktikant auch eine Belastung ist, will er nicht wegreden. Aber: "Ich möchte den Schülern die Möglichkeit bieten, sich selbst ein Bild von der Verwaltung zu machen". Der Lohn der Mühe: Einige Schüler wollen später bei ihm weiter machen.
Den Aspekt der Werbung findet auch Polizeichef Elmar Hörster wichtig. Er will dem Nachwuchs zeigen, dass nicht alles so ist wie im Krimi. Dafür bekommen seine Praktikanten viel geboten. Sie gehen an einem Tag ins Kriminalkommissariat, fahren mit auf Streife und sind bei der Schießübung dabei. "Die Rückmeldungen sind positiv", stellt Hörster fest. Und hat schon manchen erlebt, der nach zwei Wochen genau weiß, dass er Polizist werden will.